Gerichtsmediziner Paul Herzfeld (Moritz Bleibtreu) ist die geilste Henne im Stall. Erfolgreich im Job, hochnäsig und geschieden. Läuft also. Als er eines Tages eine furchtbar entstellte Leiche aufschneidet, findet er einen kleinen Zettel im Kopf des Opfers. Inhalt des Zettels: Name und Handynummer seiner Tochter. Diese wurde von einem gefährlichen Psychopathen, Vergewaltiger und Mörder (Lars Eidinger) entführt, und der will Herzfeld zu sich nach Helgoland locken, denn er hat noch eine alte Rechnung zu begleichen. Womit lockt er? Mit weiteren Leichen und den darin versteckten Hinweisen auf den Aufenthaltsort von Pauls Tochter. Genretypisch tobt ein Schneesturm des Jahrhunderts und jeder Weg zur Insel ist abgeschnitten. Somit ist Paule auf die Hilfe von Comiczeichnerin Linda (Jasna Fritzi Bauer) angewiesen, die auf Helgoland festhängt, allerdings ihre eigenen heftigen Probleme hat. Wenigstens kann sie sich an Hausmeister und Angsthase Ender (Fahri Yardim) wenden, der ihr mal mehr und mal weniger zur Seite steht. Ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt, an dessen Ende eine Auflösung steht, die so nicht vorhersehbar ist und die deshalb angenehm überrascht.
Regisseur Christian Alvart (PANDORUM) adaptiert das gleichnamige Buch von Sebastian Fitzek und Michael Tsokos (selbst Gerichtsmediziner) als grimmigen Thriller mit wortwörtlich unter die Haut gehenden Obduktionsszenen.
Linda muss als Pauls Skalpell fungieren, damit sie die weiteren Hinweise in den Leichen entdeckt, um das Überleben von Pauls Tochter zu sichern. ABGESCHNITTEN ist parallel inszeniert. Teil eins zeigt Linda und Ender bei der körperlichen Schnitzeljagd in menschlichen Körpern, und Teil 2 zeigt, wie sich Paul mithilfe seines stinkreichen Praktikanten Ingolf im Auto von Berlin nach Helgoland bewegt. Dabei immer mit Linda am Handy und Instruktionen gebend. Alvart inszenierte den Film auf verschiedenen Zeitebenen. Man sieht das Hier und Jetzt und außerdem die vorangegangenen Gräueltaten des Serienkillers. Die Zeitsprünge finden gekonnt zueinander und schaffen es, eine Atmosphäre der Spannung und des Schreckens zu erzeugen, welche nur durch diverse Witzchen der Protagonisten aufgelockert wird.
Alvart gelingt es zudem problemlos, die 132 Minuten mit Spannung und Anspannung zu füllen. Er präsentiert das Geschehen in kalten und humorlosen Bildern, was dem Film ausgesprochen gut steht. Bei den Szenen in der unterirdischen Leichenhalle lässt er es genüsslich knarren, die Lichter flimmern, und das sind nur zwei Stilmittel, um die Spannungsschraube angedreht zu lassen. Natürlich kommt solch eine wilde Geschichte nicht ohne noch wildere Plotlöcher und Zufälle aus. Das muss man wissen. Logisch. Tut’s dem Spaß Abbruch? Nicht im Geringsten!
(Sylvio Constabel)
Spannende Schnitzeljagd, die wortwörtlich unter die Haut geht