KommKino Nürnberg 29. Mai – 02. Juni 2024 mit den Gästen Thilo Gosejohann, Christian Kessler und Alexander Iffländer
Gute Filme lieben kann jeder. Wahre Leidenschaft beweist, wer die Niederungen der Zelluloidkunst zu schätzen weiß! Wo sich Logik und gelungene Spezialeffekte gute Nacht sagen und überzeugende Schauspielleistungen sowie Sinn und Verstand längst im Koma liegen: Genau dorthin führte das Festival B-Film Basterds die Fangemeinde filmgewordenen Wahnsinns ein verlängertes Wochenende lang. Dafür hätten die Veranstalter keinen geeigneteren Partner finden können als das Kommkino. Über die Grenzen Nürnbergs hinaus ist dieses ehrenamtlich und mit Herzblut geführte Programmkino berühmt-berüchtigt für alles, was die Seele des Trash-Connaisseurs erquickt und die des Mainstreamjüngers traumatisiert.
Über 20 Programmpunkte zu extrem niedrigem Eintrittspreis (Einzelticket: 6 Euro, Fünf-Tages-Pass: 90 Euro!) galt es abzufeiern/durchzustehen, darunter einen Vortrag, das Kurzfilmprogramm und Überraschungsfilme. Alle Langfilme gingen ins Rennen um den kongenial benannten Publikumspreis, den Golden Ninja Warrior Award. Die Bewertung mit einem („furchtbares Elend“) bis fünf Punkte („ewiges Meisterwerk“) gestaltete sich dabei gar nicht so einfach: Das wahre B-Film-Wunder ist schließlich beides.
Bei anderen Festivals gehört Originalsprache zum guten Ton. Hier wäre das Themaverfehlung, schließlich ist die deutsche Synchronisation nicht selten eine allzu sprudelnde Quelle unfreiwilliger Komik und somit obligatorisch. Was die Veranstaltung besonders charmant-sympathisch-nerdig macht: Sie lässt ganz bewusst jene Zeiten aufleben, in denen wir uns mit Kumpels und den ominösesten Videotheken-VHS-Eroberungen im Hobbykeller verschanzt haben. Entsprechend sind unqualifizierte Zwischenrufe ausdrücklich erwünscht, und gibt es stilecht bei jeder Vorstellung eine Trailerschau. Rauschendes Bild, scheppernder Ton – so muss das sein! Highlight: die 50er-Jahre-Reklame für Frauengold, jenes Elixier, das das Weibsvolk selig und gefügig machen sollte. Klar, war ja auch hochprozentiger Alkohol drin. Sollte es auch geben in der Variante Zuschauergold, vor allem für die Sichtung folgender Synapsenverbrutzler … die übrigens in hervorragender Qualität gezeigt wurden.
NINJA OPERATION 6: CHAMPION ON FIRE (Hongkong 1987)
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Antonio wandert mit einem jesusgroßen Holzkreuz durch China, weil …? Kung-Fu-Fighter Dragon begleitet ihn und haut ihn aus jeder Misere, weil …? Antonio bescheißt Dragon bei allen Gelegenheiten, weil …? In einer Szene haben die zwei ein Pferd, in der nächsten gehen sie zu Fuß, weil …? Die Parallelhandlung passt weder inhaltlich noch stilistisch noch bildqualitativ zum Rest, weil … sie unabhängig und vor allem extrem billig gedreht und zwischen Szenen des 1974er-nicht-Klassikers DJANGO – IM REICH DER GELBEN TEUFEL geklatscht wurde. Und sie ist nicht minder kurios: Der böse Ringo kommt aus dem Bretterzaun mit Aufschrift „Jail“ frei und sinnt auf Rache. Hierfür hat er „Ninja“ aufs Stirnband geschrieben. Nein, nicht metaphorisch, das steht da wirklich!
Die perfekte Eröffnung für die B-Film Basterds also, zumal hier mehr Schergen sterben als bei einem respektablen Festival in der ganzen Woche. Gewalt verherrlicht sich eben nicht von allein.
SADO – STOSS DAS TOR ZUR HÖLLE AUF (Italien 1979)
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B-Film Basterds ist dazu da, so manche Miesmuschel zu entdecken. Und dazu, so manche Lücke zu schließen, die so mancher bewusst offen gelassen hat. In zweite Kategorie gehört BUIO OMEGA, wie der Leichenfledderer-Exploitationer von Joe „Ich filme alles, was schnelle Rendite verspricht“ D’Amato im italienischen Original heißt. 40 Jahre stand der Aufreger auf dem Index! Auch wenn sich keine der Figuren ansatzweise nachvollziehbar verhält und es zu viele Längen gibt: Zum Skandalfilm reicht es heute immer noch, der Verquickung von frauenverachtenden Sex- und expliziten Slasherszenen sei (Un-)Dank.
GENTLEMEN BRONCOS (USA 2009)
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So hatten wir nicht gewettet: eine intelligente, gut gespielte Komödie bei den B-Film Basterds! Nein, der Gute-Laune-Spender von Jared Hess (NAPOLEON DYNAMITE) mit Oscar-Gewinner Sam Rockwell (THREE BILLBOARDS OUTSIDE EBBING, MISSOURI) lief hier absolut zu Recht. Schließlich handelt es sich um eine liebevolle Hommage an Sci-Fi-Trash und dessen aufopferungsvolle Fans sowie Do-it-yourself-Filmemacher. Fliegende Hirsche mit Raketenabschussvorrichtungen inklusive.
WHITE FIRE (Türkei, Frankreich, Großbritannien 1984)
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Feuer frei für die perverse Variante von John Woos FACE/OFF! Ödipus würde vor Neid erbleichen angesichts dieser Diamantenjagd, bei der ein Gangster eine Prostituierte nötigt, sich das Gesicht seiner ermordeten, über alles geliebten Schwester aufoperieren zu lassen. Feuerwasser frei für dieses Trinkspiel: Sehen wir einen Pornobalken, dürfen wir die Leber walken. Und wenn das Titellied zum x-ten Mal ertönt, wird dem Alkohol gefrönt! Und mit Robert Ginty!
KING KONG – DÄMONEN AUS DEM WELTALL (Japan 1973)
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Ist gar kein Riesenaffen-, sondern ein Godzillastreifen! Der deutsche Verleih kam auf die nachvollziehbare Idee, den in der Handlung auftauchenden Blechroboter Jet Jaguar in King Kong umzubenennen … Im März hat ja GODZILLA MINUS ONE sensationell den Oscar für die besten Effekte geholt. Diese Gefahr bestand bei GODZILLA GEGEN MEGALON, so der Alternativtitel, zu keiner Millisekunde. Schlimm: Das nervige Kind hat deutlich mehr Screentime als die Monsterechse! Das offenbart, welche Zielgruppe Produktionsfirma Toho in den 1970ern verstärkt anvisierte. Immerhin mit dem Finishing Move macht Gojira seinem B-Film-Basterds-Debüt alle Ehre!
DIE DRESSIERTE FRAU (Deutschland 1972)
Die Macher der SCHULMÄDCHEN-REPORT-Reihe machen auf Frauenrechtler. Das kann nur in die zumeist heruntergelassene Hose gehen. Das Rezept ist bewährt: Pseudoauthentische Straßeninterviews behandeln solch hochjournalistische Fragen wie „Sind Frauen klüger als Männer?“ oder „Hilft ein großer Busen im Job?“ und werden gepaart mit (definitiv nicht) dokumentarisch anmutenden Kopulationskapiteln. Besonders kurios: die nicht enden wollende Slapstick-Nummer, in der ein vom Haushalt völlig überforderter Strohwitwer die Wohnung zerlegt. Da lacht man auch heute noch drüber – aber nicht, weil es lustig wäre. Heute genauso wenig nachvollziehbar: wie unfassbar erfolgreich diese Bumsfidelfilmchen in den 70ern und frühen 80ern mit bis zu sechs Millionen Zuschauern waren, ins Kino gebracht unter anderem von Constantin Film! DIE DRESSIERTE FRAU: ein Stück deutsche Zeitgeschichte.
BLOOD AFTER MIDNIGHT (Deutschland 2022)
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Ganz großer Respekt vor dieser Anthologie! Regisseur Alexander Iffländer stellte seine Kurzfilmschau in sympathischer Plauderlaune selbst vor. Die einzelnen Episoden wurden über Jahre hinweg gedreht und bieten einen Rundumschlag durch all unsere heiß geliebten Genres: pelzige Werwölfe? Axtschwingende Serienkiller? Kung-Fu-Geheimagenten? Zombietelefonbücher? Alles drin! Nach dem Vorbild der legendären US-TV-Mitternachts-B-Film-Präsentatorin Elvira wird das Programm auch moderiert, und zwar von Vampir-Gräfin Katharina von Karnstein aus ihrem Sarg heraus. Was BLOOD AFTER MIDNIGHT über das Gros der Amateurproduktionen hebt: enorm hohes Tempo, und jedes Segment hat eine herausragende Idee – mindestens.
CAPTAIN COSMOTIC (Deutschland 1998)
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OPERATION DANCE SENSATION von 2003 ist einer der legendärsten deutschen Trash-Independentfilme überhaupt. Und Preisträger des Golden Ninja Warrior Awards 2023! Würde seinem Regisseur Thilo Gosejohann die Titelverteidigung gelingen? Er moderierte die Superhelden-Sci-Fi-Action-Splatter-Parodie CAPTAIN COSMOTIC selbst an und warnte, was alles nicht so gelungen sei an seinem 1.828-D-Mark-beste-Freunde-Projekt: „Durch die erste Hälfte müsst ihr durch, die zweite hat deutlich mehr Zug!“ Das Publikum hingegen feierte die vollen 90 Minuten von der ersten Sekunde an ab – und rückte tatsächlich die goldene Ninja-Trophäe heraus! Angesichts des überbordenden Einfallsreichtums und der gesunden Selbstironie absolut zu Recht.
MIT MOTORSÄGEN SPASST MAN NICHT (USA 1988)
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Warum, bitte schön, taucht Fred Olen Ray so selten in Die-schlechtesten-Regisseure-aller-Zeiten-Rankings auf? Hallo, der Mann hat Obergurken verbrochen wie EVIL TOONS, GHOST IN A TEENY BIKINI oder BABY DOLLS BEHIND BARS! Der Nebenberufswrestler und Videothekenverstopfer haute bis zu fünf „Filme“ pro Jahr raus, bei denen er stets die Ingredienzien in die originalen Filmtitel packte, die schnelle Kohle versprachen. In diesem Fall: HOLLYWOOD CHAINSAW HOOKERS. Silikon gibt es denn auch reichlich zu beglotzen und krampfhaft schlüpfrige Dialoge zu ertragen. Die Splatterszenen aber tun mehr so, als dass sie welche wären. Logisch, tatsächliche Effekte hätten ja auch ein paar Dollar gekostet. Die völlig bescheuerte Story gibt’s für den Zuschauer gratis dazu – und Muskelkater im Nacken vom vielen ungläubigen Kopfschütteln.
00 SCHNEIDER – JAGD AUF NIHIL BAXTER (Deutschland 1994)
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♫ 00 Schneider, 00 Schneider, Schneideeer.
00 Schneider, 00 Schneider, Schneideeer …
Der Kommissar Schneider ist guhuhuuut! ♫
(c) Alle Fotos von Andreas König
