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(OT: BIRDMAN OR (THE UNEXPECTED VIRTUE OF IGNORANCE))
Regie: Alejandro González Iñárritu / USA/CA 2014 / 119 Min.
Darsteller: Michael Keaton, Edward Norton, Emma Stone, Naomi Watts, Andrea Riseborough, Zach Galafianakis, Damian Young, Amy Ryan, Paula Pell
Produktion: Alejandro González Iñárritu, John Lesher, Arnon Milchan, James W. Skotchdopole
Freigabe: FSK 12
Verleih: 20th Century Fox
Start: 05.02.2015

 

Schon ein Blick auf das Cast gibt einen Einblick in die Doppelbödigkeit, mit welcher Alejandro González Iñárritus Hollywood-Groteske gesegnet ist: Michael Keaton war Batman, Edward Norton schlüpfte in die Rolle von Marvels grünem Wutmonster Hulk, und Emma Stone gab über zwei THE AMAZING SPIDER-MAN-Filme lang die Freundin von Peter Parker zum Besten. Nun vereint der Regisseur von 21 GRAMM und BABEL diese drei superheroerprobten Charakterdarsteller zu einem Trio infernale und erzählt auf unkonventionelle Weise von einem Schicksal, vor dem im modernen Blockbuster-Zeitalter wohl kein Schauspieler mehr gefeit ist. Die Rede ist vom so beliebten Schubladendenken, denn Hauptfigur Riggan Thomson (Michael Keaton) war einst die Hauptfigur eines gefeierten Superheldenfilms und hat neben diversen Arrangements in Fortführungen des Franchises kaum mehr das Glück, anderweitige Rollenangebote zu bekommen. So ist BIRDMAN ODER (DIE UNVERHOFFTE MACHT DER AHNUNGSLOSIGKEIT) in zweierlei Hinsicht ein kleines Filmjuwel. Zum einen dürfte es mit seiner Message des unermüdlichen Akteurs diversen Schauspielgrößen aus der Seele sprechen, was sich nicht umsonst in der Masse an beteiligten A-Mimen widerspiegelt. Vor allem aber ist BIRDMAN ein Schlag ins Gesicht der Kritiker. Dabei geht Iñárritu nicht etwa respektlos vor oder versteht sein Werk als direkten Angriff auf die professionellen Beobachter. Vielmehr hält er der schreibenden und berichtenden Zunft einen Spiegel vor, in dem sich über kurz oder lang wohl jeder wiederfindet, der von sich selbst behauptet, ein Fünkchen Sachverstand zu besitzen. Da verwundert es kaum, dass BIRDMAN ODER (DIE UNVERHOFFTE MACHT DER AHNUNGSLOSIGKEIT) neben GRAND BUDAPEST HOTEL das Feld der diesjährigen Oscar-Nominierungen anführt – ganze neun Mal kann sich das Meisterwerk Hoffnungen auf einen der begehrten Academy Awards machen –, zwei Golden Globes hat der Streifen ja bereits in der Tasche.

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Der alternde Schauspieler Riggan Thomson (Michael Keaton) erhofft sich durch seine Inszenierung eines ambitionierten neuen Theaterstücks am Broadway, neben anderen Dingen, vor allem eine Wiederbelebung seiner dahinsiechenden Karriere. Zwar handelt es sich um ein ausgesprochen tollkühnes Unterfangen – doch der frühere Kino-Superheld hegt größte Hoffnungen, dass dieses kreative Wagnis ihn als Künstler legitimiert und jedermann, auch ihm selbst, beweist, dass er kein abgehalfterter Hollywood-Star ist. Doch während die Premiere des Stücks unaufhaltsam näher rückt, wird Riggans Hauptdarsteller durch einen verrückten Unfall bei den Proben verletzt und muss schnell ersetzt werden. Auf den Vorschlag von Hauptdarstellerin Lesley (Naomi Watts) und auf das Drängen seines besten Freundes und Produzenten Jake (Zach Galifianakis) hin engagiert Riggan widerwillig Mike Shiner (Edward Norton) – ein unberechenbarer Typ, aber eine Garantie für viele Ticketverkäufe und begeisterte Kritiken. Bei der Vorbereitung auf sein Bühnendebüt muss er sich nicht nur mit seiner Freundin, Co-Star Laura (Andrea Riseborough), und seiner frisch aus der Entzugsklinik kommenden Tochter und Assistentin Sam (Emma Stone) auseinandersetzen, sondern auch mit seiner Ex-Gattin Sylvia (Amy Ryan), die gelegentlich vorbeischaut, um die Dinge in ihrem Sinn zu richten.

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Seit das erste Mal von der Entstehung von BIRDMAN berichtet wurde, gehört die Produktion zu den haushohen Favoriten der Award-Saison 2014/2015. Verwunderlich ist dies nicht, denn Kenner der Branche wissen, dass vor allem andersartige Werke, die am ehesten einem Gesamtkunstwerk gleichkommen, besonders große Chancen bei diversen Filmjurys haben. In diesem Jahr untermauern diesen Eindruck vor allem Richard Linklaters Mammut-Werk BOYHOOD, Wes Andersons puppenhafte Heist-Komödie GRAND BUDAPEST HOTEL und eben BIRDMAN – ein Film, der dem Begriff „Gesamtkunstwerk“ ein ganz neues Gesicht gibt. Maßgeblich daran beteiligt sind in erster Linie zwei Faktoren: Da wäre zum einen das eingangs bereits angerissene Cast, in welchem jede noch so kleine Rolle von einem Schauspieler der Spitzenklasse besetzt wurde, sowie zum anderen die technische Gestaltung, bestehend aus Musik und Kamera.