Denkt man an Vehikel im Film, ist das Auto wahrscheinlich das erste, das einem in den Sinn kommt – und nicht der BULLET TRAIN. Mit vier Rädern haben sich die Bond Wagen, Herby, der DeLorean und K.I.T.T. einen Namen gemacht und sind zum Kult avanciert. Doch vergisst man bei der Frage nach den Vehikeln gerne das rauchende Monstrum, das in den ersten bewegten Bildern 1895 in den Bahnhof der französischen Kleinstadt La Ciotat einlief – der Zug. Nach langer Zeit läuft nun wieder ein Zug ins Kino ein. Diesmal ist es BULLET TRAIN und mit einer Besetzung, für die man halb Hollywood Fahrkarten gegeben hat.
Worum geht’s?
Als Auftragskiller Ladybug soll Brad Pitt in einem Hochgeschwindigkeitszug von Tokyo nach Kyoto eine Mission erledigen. Doch nicht etwa ein Mord, nur einen unscheinbaren Aktenkoffer soll er stehlen. Doch merkt er schnell, dass er nicht der einzige Passagier an Bord ist, der ein Geheimnis hat. Und der einzige Auftragskiller ist er auch nicht. Es folgt eine rasante Fahrt mit Verwechslungen, Betrügereien, Pointen und kleinen Zwischenstopps an den Bahnhöfen. Genau 60 Sekunden sind sie, danach schließen sich wieder unweigerlich die Türen des Zugs. Mit jedem Halt betritt oder verlässt jemand den Zug, manche bleiben länger als andere.
BULLETZ TRAIN mit Star-Power!
Bei einer derart prominenten Besetzung ist es teils verwunderlich, wie wenig Screentime manche Gesichter bekommen. Doch diejenigen, die sich präsentieren, machen eine gute Figur, glänzen mit pointiertem Humor und einem Gefühl für das richtige Timing. Insbesondere das ungleiche Killer-Duo aus Tangerine und Lemon (Brian Tyree Henry und Aaron Taylor-Johnson) sorgt für einige Lacher auf der knapp zweistündigen Zugfahrt. Die unterschiedlichen Persönlichkeiten auf der Reise werden in kleinen, schnell geschnittenen Videos präsentiert, die so kurzweilig sind wie manche ihrer Auftritte. Humorvoll und schnelllebig werden die Hintergrundgeschichten der Charaktere hineingeschnitten, auf Chronologie legt man keinen allzu großen Wert. Vielmehr wechselt BULLET TRAIN das Gleis zwischen Tempo und Humor.
Auch wenn David Leitchs Action-Komödie eine starke tarantinoeske Note hat, merkt man durchaus seine Handschrift. Leitch saß bereits bei ATOMIC BLONDE und DEADPOOL 2 auf dem Regiestuhl, wie auch bei den Fehlgriff FAST & FURIOUS: HOBBS & SHAW. Verglichen mit den vorherigen Filmen ist BULLET TRAIN mit der gelungenste, auch wenn er nicht frei von Fehlern bleibt. Der Humor mag zwar allgegenwärtig sein, doch funktioniert längst nicht jeder Witz. Auch die Handlung, so rasend sie auch erzählt sein mag, wirkt bisweilen arg konstruiert und wie eine unvorbereitete Durchsage der Deutschen Bahn. Und trotzdem hat man mit BULLET TRAIN das, was man auf deutsch Zugstrecken nicht hat: Spaß. Man wird die Reise schnell wieder vergessen, aber für ihre Dauer wird man gut unterhalten. (Martin Seng)
In diesem Zug kann man bedenkenlos einsteigen