Im Vorfeld der 26. Edition des Festivals machte man sich aufseiten der Veranstalter durchaus Gedanken, wie das Fest anno 2024 wohl über die Bühne gehen würde, lag es terminlich doch mitten im Sommer und hatte mit den Liveübertragungen der Fußball-Europameisterschaft, welche parallel zum WoF im Biergarten des Erlanger E-Werks liefen, eine nicht zu unterschätzende Konkurrenz.
Doch unverhofft kommt ja bekanntlich oft, und daher kann man rückblickend sagen, dass die 2024er-Ausgabe des Weekends mit Abstand als bestbesuchte der jüngeren Festivalhistorie über die Zielgerade ging! Zugegeben, bereits in den Wochen vor Festivalbeginn zeichnete sich großes Zuschauerinteresse ab, als erst die Dauerkarten und kurze Zeit später auch die Tageskarten beim Ticketportal Reservix mit „sold out“ markiert wurden. Was dann allerdings beim Festival tatsächlich für ein Andrang herrschen würde, konnte sich zu diesem Zeitpunkt noch niemand vom WoF-Team wirklich vorstellen.
Während der frühen Nachmittagsstunden des ersten Festivaltages war es noch ruhig auf den Gängen des E-Werks, sehr zur Freude der Veranstalter, konnte doch so der übliche Aufbau ohne Stress und Hektik über die Bühne gehen. Gegen 15.00 Uhr traf das Team des Filmclubs Teckploitation e. V. ein, welches die Zeit vor dem eigentlichen Startschuss des Festivals nutzte, um im noch leeren Kinosaal Videointerviews mit einigen Festivalgästen zu führen. Pünktlich um 18.00 Uhr betrat Festivalleiter Mike Neun dann die Bühne und eröffnete das Festival vor bereits gut gefülltem Haus.
Mit SCALPER des amerikanischen Regisseurs Chad Ferrin ging es dann in Sachen Splatter auch gleich in die Vollen. Die Fortsetzung zu Ferrins NIGHTCALLER, der 2022 beim WoF lief, kam beim Publikum gut an und belegte in der Endabrechnung um den Publikumspreis den dritten Rang. Dann stand auch schon eines der Festivalhighlights auf dem Programm, SIDE EFFECTS MAY VARY des amerikanischen Regisseurs J. R. Bookwalter. Zunächst lief jedoch, sozusagen als Warm-up, der deutsche Kurzfilm NO VIOLENT MAN von Falko Jakobs.
Da es der Regisseur aus terminlichen Gründen nicht zum Screening schaffte, reiste mit Dominik und Anna Scheitinger sein super sympathisches Special-FX-Team eigens aus Köln an und stellte den Film dem Publikum vor. Anschließend war es dann Zeit für J. R. Bookwalter, der die Europapremiere seines neuen Films nutzte, um erstmalig ein deutsches Festival zu besuchen. Bookwalter, eine Ikone des amerikanischen Low-Budget Horrorfilms, stellte sich dabei als äußerst freundlicher und publikumsnaher Gesprächspartner heraus, der ausführlich auf die Fragen der Zuschauer einging und mit diversen Anekdoten von den Dreharbeiten für beste Stimmung sorgte. Mindestens so gut wie der Regisseur kam dann auch SIDE EFFECTS MAY VARY beim WoF-Publikum an. Der Film, der mit einem großen Augenzwinkern die Nebenwirkungen eines Impfstoffes während einer Pandemie thematisiert und in einigen Momentan an William Sachs‘ THE INCREDIBLE MELTING MAN erinnert, ist ein B-Movie wie aus dem Bilderbuch, welches hoffentlich zeitnah den Weg zu einem deutschen Verleiher finden wird.
Völlig zu Recht gewann dann auch Bookwalters Film den Publikumspreis als bester Film des Festivals beim WEEKEND OF FEAR 2024! Weiter ging es mit der philippinischen Anthologie SHAKE, RATTLE AND ROLL EXTREME. Dieses Franchise erfreut sich in seiner asiatischen Heimat schon lange größter Beliebtheit. Der auf dem WoF gezeigte Teil ist der insgesamt 16. (!) und wohl auch letzte der Serie, lagen zwischen ihm und dem vorangegangenen Teil doch ganze neun Jahre. Mit einer Laufzeit von annähernd zweieinhalb Stunden bei nur drei Segmenten könnte man hier fast schon von einer Spielfilm-Anthologie sprechen, aber egal, in Anspielung auf den Titel kann man resümieren, dass dem Publikum das Gezeigte extrem gut gefiel. Schlussendlich errang SHAKE, RATTLE AND ROLL EXTREME den zweiten Platz beim Publikumsvoting. Zum Abschluss des ersten Festivaltages gab es dann noch den übernatürlichen Thriller CHEAT aus den USA, welcher trotz der bereits sehr späten, besser gesagt: frühen Stunde noch überdurchschnittlich hohes Publikumsinteresse auf sich ziehen konnte.
Traditionsgemäß startete der WoF-Samstag mit dem Weekend of Beer im Garten des E-Werks. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite, und so nutzten viele Zuschauer die Gelegenheit, sich mit den Festivalgästen auszutauschen, Blu-rays, DVDs und Poster signieren zu lassen und natürlich das eine oder andere Kaltgetränk zu sich zu nehmen. Das für den Abend anberaumte Spiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, welches im Biergarten per Großbildleinwand übertragen wurde, sollte sich für das Festival schon bald als vollkommen nebensächlich erweisen.
Gegen 16.00 Uhr sollte dann das Festivalprogramm mit einem deutschen Doppel starten. Akkordfilmer Erik Grun, der es mittlerweile auf gut 270 (!!!) Spielfilme bringt, hat sich erstmals an das Thema Horror gewagt und mit SOLJANKA quasi eine ostdeutsche Version von DÄNISCHE DELIKATESSEN abgeliefert. Im Anschluss an die Schlachtplatte aus Thüringen stand dann die Weltpremiere von Simon Begemanns TAUBENMANN UND KAKERLAKENBOY auf der Agenda. Begemann, der 2022 mit seinem Spielfilm BAG ATTACK den Publikumspreis des WoF einheimste und 2023 für den Kurzfilm ILLUSION ebenfalls hervorragende Kritiken erntete, war mit Sicherheit der heimliche Star des Weekends 2024! Bisher hatte es noch niemand geschafft, den großen Saal komplett auszuverkaufen, doch hier war der Andrang dermaßen groß, dass die Vorstellung erst 30 Minuten später als geplant starten konnte! Weder die gut 35 °C Innentemperatur noch die Luftfeuchtigkeit, welche gefühlt kurz vor dem Kondensationspunkt lag, hielten das Publikum im bis an den Anschlag gefüllten Saal davon ab, TAUBENMANN UND KAKERLAKENBOY abzufeiern, als wenn es kein Morgen gäbe. Chapeau, Herr Begemann! Toller Film, tolle Show! Ein eindrucksvolles Video der Jubelarie findet sich auf der Facebook-Seite des Festivals!
Anschließend erhielt das Publikum eine kleine Verschnaufpause in Form des eher ruhigen übernatürlichen Thrillers THE HELLPER aus der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong. In stylishen Schwarz-Weiß-Bildern erzählt Simon Lis Film vom perfiden Racheplan einer philippinischen Haushaltshilfe. Danach war dann wieder Vollgas angesagt. Zunächst in Form eines weiteren Teils von Thomas Zeugs grandioser Animationsserie 2ALIENS, der wieder zahlreiche Schenkelklopfmomente bescherte. Mit GAME OF DEATH stand dann die Weltpremiere von Timo Roses neuem Film auf dem Programm. Der Regisseur war mit seinem Produzenten, DEADLINE-Kollege Nando Rohner, und zahlreichen Cast- und Crew-Mitgliedern angereist – selten war es so voll auf der Bühne des WoF! Große Teile des Publikums feierten den Film ab. Natürlich gab es aber auch kritische Stimmen, worüber Regisseur Rose sicher nicht unglücklich sein dürfte, kündigte er das Screening doch auch als eine Art Testvorführung an. Bis zum endgültigen Release des Films im kommenden Jahr dürfte GAME OF DEATH also noch die eine oder andere Änderung erfahren, und die Version, die auf dem Weekend lief, wird es so wohl öffentlich nicht mehr zu sehen geben. Zu bereits weit vorgerückter Stunde endete das Weekend of Fear 2024 dann mit zwei Grindhouse-Krachern amerikanischer Herkunft: MAKE THEM COME BLOOD und schließlich noch SUICIDE FOR BEGINNERS.
Als dann gegen fünf Uhr morgens die Saallichter angingen, blickten die erschöpften Veranstalter auf ein Festival zurück, das wirklich nur als hundertprozentig gelungen bezeichnet werden kann. Wer nicht dabei sein konnte, hat im kommenden Jahr erneut die Gelegenheit am 16. und 17. Mai beim Weekend of Fear 2025. (Elmar Berger)