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DEADLINE präsentiert: DIE PAN-KURZGESCHICHTE SEPTEMBER/OKTOBER

Das wunderbar vielfältige und breite Genre der Phantastik hat auch im deutschsprachigen Raum viel zu bieten. Sei es im Film, im Comic, im illustrativen Bereich und natürlich auch in seiner literarischen Form.

Das PAN – Phantastik Autoren Netzwerk unterstützt Autor:innen, bietet Networking, Support rund ums Schreiben und vergibt seit 2021 Arbeits-Stipendien. Die beliebte Aktion „PAN-Kurzgeschichte“ soll einem breiten Publikum deutschsprachige Phantastik näherbringen – und Lust auf mehr machen. Als Kooperationspartner von PAN präsentieren wir euch seit Mai 2024 kurzen phantastischen Lesestoff. Alle zwei Monate eine andere Geschichte. In voller Länge. Auf unserer Website.

Für die dritte Story werfen wir einen Blick in die Anthologie WIE ICH DAS ENDE DER WELT (ÜB)ERLEBTE, in der Klimakatastrophen, Sintfluten, Dürren und kontinentale Veränderungen ebenso eine Rolle spielen wie Zombie-Viren, der Krieg gegen Ameisen, Killer-Weizen oder ferngesteuerte Selbstmordkabinen. Oder … irgendwas mit Paarhufern.

Bühne frei für und phantastische Unterhaltung mit:

 

 

Mitternachtsmargaritas

von Agga Kastell

 

 

„Wachet auf, ruft euch die Stimme, so rostig wie ne Regenrinne, wach auf du Städtchen Hübingen“, sang ich laut und falsch, als wolle ich einen Konkurrenzkampf mit dem Abflussrohr gewinnen. „Mitternacht heißt diese Stunde, sie ruft uns mit hellem Munde. Wo seid ihr klugen Kinderlein?“

Ich rüttelte die vier schlafenden Kinder in dem breiten Ehebett an Schultern und Rücken und fand meine Neuinterpretation des Nicolai-Kirchenliedes von 1599 recht gelungen.

Otto, das mittlere Kind, blinzelte und lag bewegungslos wie Maja, die Jüngste. Anna und Willi, die beiden Älteren, regten sich verschlafen.

„Mutter, du spinnst“, murmelte Anna. „Du machst das ja wirklich.“

So dankte sie mir meine antiautoritäre Erziehung. Mit einer strengen Hand hätte ich mir solche Kommentare erspart. Willi robbte zum Bettrand.

„Ist ja stockdunkel“, wisperte er erschöpft.

Meine Bemühungen zeigten nicht die gewünschte Wirkung, ich musste härtere Geschütze auffahren. Voller Körpereinsatz war erforderlich. Zwischen den unwilligen Kindern kletterte ich auf die Matratze und hüpfte auf der federnden Unterlage herum. Dazu quietschte ich im Falsett: „Aufstehen! Aufstehen! Mitternachtsmargaritas!“

Willi am Bettrand purzelte aus dem Bett auf den Boden. Anna trollte sich rasch ins Bad. Die jüngeren Scheintoten sortierten ihre Glieder und blinzelten nun doch recht erfreut ins Lampenlicht. Tja, mein Talent, ein jugendliches Publikum im Alter von acht bis zwölf zu beeindrucken, zeigte seine Wirkung.

Alle Jahre wieder Sommerurlaub im Familienferiendorf Hübingen.

Oberstes Gebot: Sämtliche Regeln, die den Alltag zwischen Schule, Beruf und Hobbys bestimmen, sind außer Kraft gesetzt.

Ausnahme: Lebenserhaltende Manöver wie essen, trinken, duschen.

Untersuchen, wie ein toter Igel von unten aussieht? Komm auch du, greif zu.

Stockbrot viel zu lange über dem Lagerfeuer rösten und tapfer an dem verkohlten Brikett nagen? Learning by doing.

Bei der Kanufahrt mit dem Paddel aufs Wasser schlagen, bis alle klatschnass sind? Kann man mal machen.

Mit dem tollen Stock, den man zugespitzt hat, ein Loch in die Bootswand hacken? Weniger angeraten.

Solange im offenen Feuer stochern, bis man einen Waldbrand auslöst? Ein eindeutiges Nein.

Dazwischen gibt es unzählige Spielräume, die von neugierigen und wissensdurstigen Kindern ausgetestet werden wollen. Wir hatten Urlaub und Zeit für jede Menge Blödsinn.

Der Film „Die drei Heathers“ kam Ende der Achtziger ins Kino. Er war skurril, sodass ich ihn trotz der etwas lahmen Geschichte gut fand. Besonders eine Szene hatte es mir angetan: Die tumben Mitschüler der drei Heathers schleichen sich nachts auf eine Weide, um die dort schlafenden Kühe umzustoßen. Ein Anenzephalit stellt sich dabei so blöde an, dass er unter einem Rindvieh landet. Diese Filmsequenz weckte meine Neugier und ich hatte viele Fragen.

Schlafen Rinder tatsächlich im Stehen oder legen sie sich hin?

Halten sie die Augen dabei geschlossen?

Wie lange schlafen sie?

Wie viel Kraft braucht es, um den massigen Körper von den dünnen Beinchen zu hauen, und wie berechnet man die dazu geeignete Hebelwirkung?

Die Kinder konnten meine Fragen nicht beantworten, zeigten aber reges Interesse an meinem Wissensdurst. Um unsere Bildungslücken zu füllen, beschlossen wir einen Selbstversuch. Keine fünfhundert Meter von unserem Ferienhaus gab es eine Weide, an der wir bei Tagesausflügen vorbeifuhren. Dort grasten friedlich buntgescheckte Rinder.

Kühe umstoßen um Mitternacht! Spiel, Spaß, Spannung und besser als jedes Überraschungsei.

Mit einem leisen Ping verkündete die Uhr, dass die Geisterstunde angebrochen war. Vier Gläser Kinderpunsch warteten mit Schirmchen und Strohhalmen auf dem Tresen der Küche. Ich zerschnippelte eine Mango und dekorierte mit den Stücken die Getränke. Die Kinder schätzten Mangos, weil sie zuckersüß waren und kaum Kaubewegung benötigten. Eine kleine Stärkung für die schlaftrunkene Bande, die die Lebensgeister weckte. Alle vier schlürften und schmatzten genüsslich und durften nicht von meinem tequilaverseuchten Getränk probieren.

Bevor wir zu unserem Abenteuer aufbrachen, machte ich den Klamottencheck.

„Lange Ärmel, lange Hosen aus der schmutzigen Wäsche?“, fragte ich.

Vier Köpfe nickten.

Es ist sinnlos, zu einer Exkursion frische Kleidung zu tragen, wenn sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Matsch, einem Kuhfladen oder Schlimmerem Bekanntschaft machen wird. Zudem ersparte ich mir den Gewaltakt, die Kinder nach unserem Ausflug zum Duschen überreden zu müssen. Dreckige Klamotten in die Tonne, das hoffentlich halbwegs saubere Kind zurück in den Schlafanzug. Als Mutter von vier Sprösslingen wird man pragmatisch.

„Mein T-Shirt müffelt“, beklagte sich Maja.

„Gleich sind wir an der frischen Luft, da riechst du es kaum“, beruhigte ich sie.

„Feste Schuhe?“

Otto trabte los und tauschte die Sandalen gegen Halbschuhe.

„Dann los. Und zwar leise!“

Ein bleicher Vollmond schimmerte durch die Wolken. Vom Wald her rief ein Käuzchen. Die Luft war kühl, die Bäume rauschten, Tiere huschten durch Büsche. Eine sanfte Brise trug den intensiven Duft von feuchtem Laub und langen Sommerabenden. Wir schlichen durch das schlafende Feriendorf und hatten Mühe, uns zu orientieren. Die Landstraße lag verlassen, weder Mensch noch Auto war zu sehen oder zu hören. Wir überquerten den Asphalt und tasteten uns über einen buckligen Feldweg bis zum Gatter der Weide.

„Hier gibts keine einzige Kuh“, maulte Willi. Seine pessimistische Grundeinstellung kollidierte mit der ererbten Abenteuerlust.

„Doch, ganz weit da hinten“, Otto, der für Außergewöhnliches leicht zu begeistern war, hopste auf und ab.

„Und was steht auf dem Schild?“, fragte Maja.

 

KÜHE

STREICHELN

VERBOTEN

 

Anna las laut vor.

„Das war’s ja dann wohl.“ Willi klang ein kleines bisschen erleichtert.

„Wir wollen sie ja gar nicht streicheln. Wir wollen sie nur umstumpen“, erklärte Otto eifrig.

Ich musterte derweil das Tor. Es hatte kein Schloss. Ich hob den Balken aus der Verankerung und stieß das Gatter einen Spalt auf. Es quietschte. Die Kinder schlichen auf die Weide, als beträten sie vermintes Gebiet. Maja klammerte sich an meinen Hosenbund, wie ich es ihr im Kaufhaus beigebracht hatte.

„Ich habe Angst“, wisperte sie leise, damit es die anderen nicht hörten.

„Wir müssen vorsichtig sein“, raunte ich. „Aber fürchten brauchen wir uns nicht.“

„Da ist eine Kuh.“ Otto hüpfte aufgeregt.

Die Kuh lag auf der Seite, hatte den Kopf an ein Grasbüschel gekuschelt und alle vier Beine von sich gestreckt.

„Die ist so schön schwarz und weiß“, sagte Maja.

„Die ist gescheckt“, korrigierte Anna. „Deshalb nenne ich sie Schecki.“

„Ich nenne das tot“, stellte Willi fest. „Umstoßen brauchen wir die nicht mehr.“

Er ging näher. Die Kuh brummte unwillig, rappelte sich hoch und trottete von dannen.

„Jetzt hast du die Hosen voll.“ Maja lachte.

„Da hinten stehen die anderen herum“, sagte Otto.

„Guck mal, jemand hat der Kuh eine Decke umgehängt, dass sie nicht friert“, sagte Anna. „Die heißt Flecki.“

Sie gab den Dingen gerne Namen, damit alles seine Ordnung hatte.

Seit wann trugen Kühe rosa Flecken? Oder hatte man ihr tatsächlich einen Überwurf verpasst?

„Und da ist eine total fette Kuh.“ Endlich klang auch Willi begeistert. „Specki.“

„Vielleicht ist sie trächtig“, murmelte ich.

Was ich sah, gefiel mir nicht. Irgendetwas war seltsam, sagte mir die Gänsehaut in meinem Nacken. Ein unangenehmer Geruch lag in der Luft.

„Es ist wohl besser, wenn wir wieder geh …“

Zu spät.

Otto rannte mit weit ausgestreckten Armen auf die Herde zu und rammte entschlossen die Hände gegen den dicken Bauch einer braunen Kuh. Die Kuh pupste laut und lange, ein endloses Trompetensolo.

„Wir taufen dich Ufla.“ Ich kicherte. „Kurzform für unhaltbare Flatulenzen.“

Otto schrie: „Meine Finger sind eingeklemmt!“

Das Lachen blieb mir im Hals stecken.

Seine Hände waren bis zum Handgelenk im aufgerissenen Leib des Rindviechs verschwunden. Die Kuh tanzte herum und riss Otto mit. Als er an mir vorbei schwenkte, packte ich ihn um die Hüften und zerrte in die Gegenrichtung. Mit einem widerlichen Schmatzen löste er sich aus den Eingeweiden. Ich plumpste auf den Hintern, er auf mich drauf.

„Ich will duschen!“

Schon vor Jahren hatte ich die Hoffnung aufgegeben, jemals diesen Satz aus seinem Mund zu hören. Ich hätte ihn mir an anderer Stelle und öfter gewünscht, aber man nimmt, was man kriegen kann.

Die Kinder scharrten sich um mich und klammerten sich an jeden verfügbaren Körperteil, was meine Handlungsfähigkeit ziemlich einschränkte. Die Rinder umzingelten uns.

Können Kühe grinsen? Ein paar von ihnen taten es jedenfalls. Eine Grinsekuh stapfte näher und reckte den Hals, um an meinem Arm zu knabbern. Die Lippen waren ihr abhandengekommen, eineinhalb Ohren fehlten und ihr linkes Auge hing an einem sehnigen Faden. Ich schubste ihr schnoberndes Maul mit dem Ellenbogen beiseite. Grinsis Wange löste sich mit einem unangenehmen Schmatzen, blieb kurz an meinem T-Shirt kleben und klatschte ins Gras.

Flecki trug gar keine Decke. Was sie hinter sich her schleifte, war ihr Fell, das sich in großen Fetzen gelöst und das rosa Gewebe darunter freigelegt hatte.

Auch Schecki wirkte auf den zweiten Blick nicht mehr ganz so gesund. Die schwarz-weißen Flecken erwiesen sich als unterschiedliche Stadien der Verwesung und stanken nasenbetäubend. Sämtliche Kühe schrien entsetzlich und nein, das war kein lautes Blöken, es klang, als keiften stimmgewaltige und zu allem entschlossene Hausfrauen beim Metzger um das letzte Kotelett.

Die Berichte der Medien fielen mir ein. Es war schon eine ganze Weile her, da gab es beunruhigende Nachrichten, dass aus einem Labor ein Virus entkommen war. Er hatte Kleintiere in etwas Scheußliches verwandelt. Kurz zuvor war unser Meerschweinchen gestorben, den Hamster hatte Otto im Garten verloren und ich hatte verkündet, keine weiteren Haustiere anzuschaffen. Nach der Warnung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung war es mir sogar ernst damit. Nachdem die erste Aufregung über den Skandal in der Bevölkerung abgeebbt war, hatte ich mich nicht mehr allzu intensiv mit dem Thema beschäftigt. Als Mutter von vier Kindern hatte ich genug Sorgen zu bewältigen. Ich brauchte keine Schwierigkeiten, die mich nachts nicht schlafen ließen und gegen die ich nichts tun konnte.

Und was war aus dem Virus geworden? Der Anblick der heruntergekommenen Rinderherde sprach Bände.

„ZOMBIEAPOKALYPSE!“, schrie ich aus vollen Lungen.

Nie hätte ich gedacht, dieses Wort in der Realität benutzen zu können.

Die Kinder lösten ihre Klammergriffe von meinen Gliedern und drehten sich zur Gefahr. Sie nahmen eine stabile Position ein und hoben die Arme in die Abwehrhaltung, die sie von mir gelernt hatten. Es war nicht leicht gewesen, sie zu drillen. Aber da standen meine vier Mini-Ninjas, Rücken an Rücken, und machten mich unglaublich stolz.

Maja agierte am schnellsten. Sie ließ sich auf den Boden fallen, rollte um die Beine der ihr am nächsten stehenden Kühe herum, hüpfte wie ein Affe auf allen vieren durch die größeren Lücken und verteilte unterwegs Tritte und Hiebe. Als sie den Rand der Herde erreicht hatte, sprang sie elastisch auf die Füße und rannte Richtung Gatter.

„Zombieapokalypse!“, schrie ich erneut, um die restlichen drei zu motivieren, und weil ich es einfach nochmal sagen wollte.

Die Kinder folgten dem Beispiel unserer Jüngsten mit mehr oder weniger geschmeidigem Körpereinsatz. Ihr Kampfgeschrei war herzerhebend. Als Anna als Letzte den Rand der Herde erreicht hatte, legte ich los. Ich benutzte außer Füßen und Händen auch noch Knie und Ellenbogen, um mich der Zombiekühe zu erwehren, der Vorteil des Größeren. Fette Fleischfetzen flogen durch die Luft, kümmerliche Kuhbeinchen knickten ein, schwingende Schwanzquasten schlenkerten ein letztes Mal durch die Nacht. Ich riskierte einen Blick zu den Kindern. Sie rasten vor mir in Richtung Tor. Hinter mir trampelten Flecki, Specki, Schecki und Ufla mit markerschütterndem Gebrüll und verfolgten uns im Kuhgalopp.

Auf der einsamen Landstraße röhrte ein Auto. Die hellen Scheinwerfer durchschnitten die Dunkelheit und näherten sich der Viehkoppel. Die lärmende Herde war wohl im Dorf nicht unbemerkt geblieben. Der Jeep holperte den Feldweg entlang auf das Gatter zu, während die Kinder und ich quer über die Weide rannten und dasselbe Ziel ansteuerten.

Maja erreichte den Zaun als erste. Mit ihren kurzen Armen mühte sie sich vergeblich, den Balken aus der Verankerung zu hieven. Ich mobilisierte meine restlichen Kräfte, hechtete an den Kindern vorbei, riss keuchend die Planke hoch und stieß das Gatter auf.

Willi machte Anstalten, sich ein letztes Mal umzudrehen. Ich zerrte ihn am Kragen seines Shirts auf den Feldweg, schmetterte das Tor zu und ließ den Riegel in die dafür vorgesehene Öffnung fallen. Keine Sekunde später warf sich Specki mit ihrem beachtlichen Körpergewicht dagegen. Ufla und Flecki leisteten ihr Gesellschaft. Die restliche Kuhherde drängte hinterher. Im unbarmherzigen Licht der Scheinwerfer, die auf das Tor zuhielten, war deutlich zu sehen, wie die Umzäunung besorgniserregend erzitterte.

Der Jeep bremste. Ein altes Bäuerlein, eine blaue Arbeitsjacke über dem karierten Schlafanzug, die Ohren mit einer khakifarbenen Feldschützmütze bedeckt, schrie unfreundlich aus dem offenen Fenster: „Was machen Sie hier auf meiner Weide?“

Er war kaum zu verstehen. War er betrunken oder war das ein hiesiger Dialekt? Ungelenk kletterte er ins Freie.

„Eine Nachtwanderung“, erfand ich rasch. „Wir wollten gerade gehen.“

„Was haben Sie mit meiner Herde angestellt?“

„Überhaupt gar nichts. Ich habe den Kindern die Rinder gezeigt“, versuchte ich eine Erklärung und fuhr mutig fort: „Ich habe keine Ahnung von Viehwirtschaft, aber ich glaube, die Kühe sind krank.“

Das Bäuerlein musterte Specki, die sich mit wachsender Begeisterung gegen das Gatter warf. Die Meute um sie herum schrie und tobte. Flecki hatte sich ihrer restlichen Farbkleckse entledigt und steppte in rosiger Nacktheit unter dem nachtschwarzen Himmel.

„Die sind putzmunter“, geiferte der Bauer. „Mit euch stimmt was nicht. Ihr habt irgendwas mit meiner Herde gemacht.“

Drohend stapfte er auf uns zu.

„Mama, warum läuft der Mann so komisch?“, quietschte Anna. „Und reden tut er auch blöd.“

Der Bauer drehte den Kopf und starrte Anna an, bis ihm die Augen hervorquollen. Mit Daumen und Zeigefinger drückte er sie in die Höhlen zurück.

„Arthrose in den Knien und beiden Hüftgelenken“, sagte er abgehackt, als sei er es nicht gewohnt, in flüssigen Sätzen zu sprechen. „Und jetzt verschwinden Sie von meinem Grund und Boden.“

Specki explodierte mit lautem Knall.

Ihre Eingeweide ergossen sich über ihre Artgenossen, den Feldweg, den Bauern und uns. Ich fischte ein Auge aus meinen Haaren. Ein halber Meter Darm schmiegte sich wie eine Stola um Ottos Schultern. Die Mädchen hatten plötzlich Sommersprossen. Willi erbrach sich in die Büsche.

„Vielleicht muss ich doch mal den Tierarzt anrufen“, brummte das Bäuerlein.

Er stiefelte zum Auto, hievte sich mühsam hinein, startete den Motor und ruckelte davon. Er winkte aus dem offenen Fenster, bis ihm der Arm abbrach. Langsam rollte er auf uns zu.

 

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WIE ICH DAS ENDE DER WELT (ÜB)ERLEBTE

ca. 240 Seiten

ISBN: 978-3-96000-321-2

Erstveröffentlichung: April 2024

Verlag: Elysion Books

Mehr Infos zur Anthologie und zum Verlag findet ihr hier.

 

Kurzbio der Autorin der PAN-Kurzgeschichte SEPTEMBER/OKTOBER:

Agga Kastells Fantasygeschichten stecken voller schräger Figuren, absurder Komik und überraschender Plots. Zum BuCon 2024 erscheint ihr erstes Buch im Torsten Low Verlag: „Mission Merlacorna“ ist eine Novelle aus den HERBSTLANDEN.

 

Geschichten (u. a.):

THE U-Files: „Sascha“ (Phantastikpreis 2019)

THE A-Files: „Die erste Nacht“ (Skoutz Award 2020)

WUNDERSAME HAUSTIERE: „Tausend Türen“ (PAN-Geschichte des Monats Januar 2022)

Agga ist außerdem Mitglied bei PAN e.V.

Mehr Infos über die Autorin findet ihr hier.

 

 

 

DEADLINE präsentiert: DIE PAN-KURZGESCHICHTE SEPTEMBER/OKTOBER