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DEADLINE VS. KINOSTÖRER

Helft mit, die Unruhestifter in den Kinos still zu halten! Verbreitet diesen Appell und diskutiert mit!

 

Aus mehr oder minder aktuellem Anlass brennt mir etwas nicht nur unter den Nägeln, sondern auf der Seele. Neben berufsbedingten (aber nie zum Zwang verkommenen) Kinobesuchen – sei es, um auf dem Laufenden zu sein, um mitreden zu können und auch zu wollen oder ob der puren Freude am Film – versuche ich mir, so häufig ich es mir erlauben kann, Filme auch abseits ihrer Pressevorstellungen im Kino anzuschauen. Was einem da begegnet, sind nicht nur die notorischen Raschler, denen es gelingt, eine Portion Popcorn mit nicht näher zu bestimmendem Kubikmetergehalt in monotoner Regelmäßigeit so über die Lauflänge verteilt zu verspeisen, dass das Knarzen und Kracken der Maiskörner den kompletten Film begleitet. Und ich meine den kompletten (!) Film. Mag dies noch eher einem hypnotisierenden Singsang näherkommen, den man eher überhört, als dass man sich wirklich je daran gewöhnt, so ist es ein zu vernachlässigendes Kleinst-Ärgernis verglichen mit jener Marotte, die den eigentlichen Grund dieses meines Geschreibsels darstellt: dass sich Leute jedweder Zunft und religiöser Zugehörigkeit sowie jedweden Alters und Geschlechts ungeniert in Zimmerlautstärke unterhalten. Während des Films. Fortwährend. Rücksichtlos und, Verzeihung, hart, aber wahr: asozial. Vielleicht wollen sie ihre Coolness unter Beweis stellen, vielleicht langweilen sie sich, vielleicht haben sie die Quasselkrankheit, vielleicht sind sie sich dessen auch gar nicht bewusst?

 

Doch die Frage soll nicht sein, warum sie es nicht schaffen, alles rauszulassen, was sie im Traum der letzten Nacht nicht verarbeitet haben, bevor das viel zu lange Vorprogramm endet und der Film beginnt, sondern warum in drei Gottes oder Teufels Namen niemand den Schneid hat, ihnen den Mund zu verbieten. Oder, um es nicht gar so scharf zu formulieren: Es bräuchte nur jemanden, der sie nett, aber nachdrücklich darauf hinweist, dass ihr Benehmen ungebührlich ist und sie nicht alleine im Saal sind. Man braucht sich wohl kaum um seine körperliche Unversehrtheit zu sorgen, doch befürchtet manch einer womöglich Beschimpfungen, denn diese Sorte Kinobesucher ist in den meisten Fällen nicht auf den Mund gefallen. So sei es, doch soll man deswegen kapitulieren und einer störenden Minderheit den Kinosaal überlassen, über die sich jeder in unmittelbarer Nähe aufregt, aber es geschehen lässt?

 

Gerade neulich habe ich es selbst ausgetestet und mich nach einer „Eingewöhnungsphase“ von etwa 15 Minuten, nachdem der Film angefangen hatte und immer noch kein Zeichen der Besserung aufgetreten war, den Störenfrieden zu meiner Seite zugewandt und schlicht und einfach in ruhigem Ton gesagt: „Ihr seid zu laut.“ Im Idealfall ist es mit diesen vier Silben bereits getan, doch als Quittung erhielt ich zunächst deftiges Augenrollen einer überschminkten Post-Teenagerin, die mir mit verzogenen Lippen signalisierte, ich solle mich nicht so anstellen. Also wandte ich den Blick einfach nicht ab und sagte im exakt gleichen Ton: „Ihr seid zu laut. Wirklich.“ Mit kurzem Getuschel danach ist auf jeden Fall noch zu rechnen. So auch hier. Doch dann war endgültig Ruhe

 

Was für ein Triumph, kann ich euch sagen. Jeder ist hier gefragt. Jeder kann seinen Teil dazu beitragen. Zeigt Zivilcourage. Traut euch und fragt, wenn es sein muss, eure Begleitung oder euren Sitznachbarn, ob er/sie das zusammen mit euch durchzieht. Dieses Verhalten muss aufhören. Von den Kinobetreibern kann man sich in der Regel keine Unterstützung erhoffen (auch schon probiert), aber wie wär’s mit einem Appell an die Verleiher: eine Reihe von Spots vor jedem Film: „Wenn euch euer Sitznachbar zu laut ist, sagt es ihm einfach ins Gesicht.“ Oder: „Lasst euch nicht die gute Laune verderben.“ Oder: „Nehmt bitte Rücksicht aufeinander.“ Oder: „Versucht nicht, im 5-Minuten-Takt gegen den Sitz des Vordermanns zu treten.“

 

Vielleicht könnte eine Kampagne von solch einfach gehaltenen Schrifttafeln die mittlerweile abgegriffene Floskel über das Urheberrecht ablösen und schon im Vorfeld eine hemmende Wirkung bei potenziellen Lautrednern oder Pseudo-Coolen erzielen. Einen Versuch ist das doch wohl wert.

Für manchen mag das schon ein Grund gewesen sein, nie wieder ins Kino zu gehen oder sich zumindest zweimal Gedanken zu machen, ob man sich dem Stress aussetzen will. Ist das Kino? Soll es sich wirklich in diese Richtung entwickeln? Das Gros der ernsthaften Kinogänger wird es euch danken.

 

Verbundenst, Yazid Benfeghoul.

(Redaktion und Mitherausgeber DEADLINE – DAS FILMMAGAZIN)

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