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FELIX KAMMERER IM INTERVIEW ZU EDEN + REVIEW

 

Kein Paradies auf Erden – Im Gespräch mit Felix Kammerer zu EDEN

 

Der 1995 geborene Österreicher Felix Kammerer hatte vor allem Erfahrung auf der Theaterbühne, als er 2021 die Hauptrolle in IM WESTEN NICHTS NEUES spielte. Für ihn ein Sprungbrett gerade in den Westen des Kinos: Hollywood. Ron Howard lässt ihn in seinem mit internationalen Stars besetzten und auf der so vielschichtigen wie zwielichtigen Galápagos-Affäre basierenden EDEN spielen, und für Guillermo del Toro wird er demnächst in dessen FRANKENSTEIN-Adaption zu sehen sein.

Am 3. April startet EDEN via LEONINE in den deutschen Kinos.

DEADLINE: Welches Thema behandelt EDEN, und was ist für dich seine Quintessenz?

 

Felix Kammerer: Erst mal ist EDEN ganz konkret eine Aussteigergeschichte, wie sie auch für unsere Zeit heute nicht untypisch ist. Menschen suchen nach etwas, was ihnen der Ort, an dem sie sich gerade befinden, nicht geben kann. Also siedeln sie um, um ein besseres Leben zu finden. Im Fall von EDEN finden sie dort allerdings das genaue Gegenteil eines Paradieses. Ich denke, das ist eine Geschichte, die man vor 2000 Jahren hätte erzählen können und auch in 2000 Jahren noch erzählen kann.

Es ist etwas Urmenschliches, wegen Not, Verfolgung, aus Angst oder Sehnsucht an einen anderen Ort zu wollen. Die Frage ist dabei, ob wir nicht eigentlich einfach nur vor uns selbst weglaufen – und uns ja dabei mitnehmen, also kaum diesbezüglich Besserung erhoffen können. Gerade auf einer einsamen Insel habe ich meine persönlichen Probleme noch viel präsenter.

DEADLINE: Was bringt deine Figur in EDEN mit auf diese einsame Insel?

 

Felix Kammerer: Die Rolle birgt eine große Verletzlichkeit samt großer Naivität in sich, ergänzt um eine gewisse Form von Arroganz. Im besten Fall würde ich sagen, dass meine Figur Rudolf Lorenz noch die einzige ist, die überhaupt Skrupel in dieser Gruppe spürt – und im schlechtesten würde ich sie als Jammerlappen bezeichnen.

Auf dieser Bandbreite bewegt sich die Rolle, die ich wirklich sehr geschätzt habe. Ich fand die Ambivalenz spannend zwischen „Wie weit möchte ich gehen, um zu überleben?“ und „Wie weit muss ich mich selber zurücknehmen, um die Dinge zu bekommen, die ich haben will?“. Sich auf dieser Suche zu befinden, ist ein urmenschliches Thema. In dieser Rolle gebe ich damit auch der jüngeren Generation eine Stimme.

 

DEADLINE: Du bist vor allem auch Theaterschauspieler. Wie schaffst du es, die von dir erwähnte Bandbreite der Rolle in vergleichsweise wenigen Filmminuten darzustellen? Besonders im Gegensatz zum Spiel auf der Bühne, wo du nahtlos über eine längere Zeit präsent bist? Wie versetzt du dich beim Film in möglicherweise kurzen Einstellungen in die erforderliche Stimmung, um den Emotionen deiner Figur gerecht zu werden?

Felix Kammerer: Beim Theater habe ich den Vorteil, dass ich vorne anfange und hinten aufhöre. Ich spiele die Entwicklung zwangsläufig mit. Selbst wenn ich nicht durchgehend auf der Bühne bin, läuft diese Geschichte durch. Beim Film startet man irgendwie immer – durch Zufall vielleicht, ich habe es aber noch nie anders erlebt – in den ersten drei, vier Tagen mit einer der letzten Szenen. Bei IM WESTEN NICHTS NEUES habe ich am vierten Drehtag die Szene im Hof gespielt, bei der alle noch mal in den Krieg geschickt werden. Bei EDEN habe ich an Tag vier die Szene gedreht, in der meine Figur um ihr Leben schwimmt. Irgendwie ist es immer so unchronologisch, wie man es sich eigenartiger nicht vorstellen kann. Aber damit muss man eben einfach umzugehen wissen, und ich habe dafür eine gute Möglichkeit für mich mit einer Excel-Tabelle gefunden. In der halte ich bestimmte emotionale Zustände, Stadien und Charakteristika meiner Figur zu bestimmten Zeitpunkten in der Handlung fest. So sehe ich in meinen Aufzeichnungen genau, welche Szene als Nächstes im Drehbuch folgen wird, und ich kann sie dann in meinem Spiel entsprechend schon antizipieren. Ich muss gewissermaßen die Energie, die dann folgt, schon vorbereiten, auch wenn wir die Folgeszene erst in drei Wochen drehen. Dadurch gewinne ich einen Überblick, wie ich am besten meine Performance strukturiere, um im Nachhinein ein stringentes Bild dieser Rolle zeichnen zu können.

DEADLINE: Der Regisseur Ron Howard bezeichnet EDEN als ein persönliches Herzensprojekt, an dem er schon seit einigen Jahren gearbeitet hat. Wie war die Arbeit mit einem so erfahrenen Regisseur? Umgekehrt könnte man ja auch sagen, dass man für ein solches Thema einen jungen Wilden als Filmemacher bräuchte. 

 

Felix Kammerer: Das war damals gerade die Zeit des großen Streiks in den USA, wodurch einige meiner Projekte flachgefallen sind. Ich hatte auf einmal frei und fand es eigentlich gar nicht so schlecht, etwas Pause zu haben. Da rief mich plötzlich meine Agentin an und erzählte mir von diesem Ron-Howard-Projekt. Ich reagierte sehr euphorisch auf den Namen des Regisseurs und fragte, ob man denn schon wisse, wer mitspielen würde. Sie nannte Jude Law, Vanessa Kirby, Ana de Armas, Sidney Sweeney, Daniel Brühl, Richard Roxburgh … Die Liste nahm gar kein Ende, und ich dachte, dass sie sich das ausdenken würde. Doch sie meinte es ernst und nannte Australien als Drehort. Das war für mich ein Wunderpaket, das ich mir nicht schöner hätte vorstellen können, und ein paar Monate später fanden wir uns alle in Australien wieder und fingen an zu arbeiten.

 

DEADLINE: Vielen Dank, Felix, für das Interview!

 

Interview geführt von Leonhard Elias Lemke

v.l.n.r.: Schauspieler Felix Kammerer, Quirin Berg (LEONINE Studios), Regisseur Ron Howard, Jasna Vavra (LEONINE Studios) Foto: Sebastian Gabsch

 

Was passiert, wenn das ersehnte Paradies auf der Suche nach Freiheit zur persönlichen Hölle wird? Basierend auf wahren Ereignissen erzählt Oscar-Regisseur Ron Howard (APOLLO 13, RUSH – ALLES FÜR DEN SIEG) in EDEN mit einem hochkarätigen Ensemble eine Geschichte voller Leidenschaft, Intrigen und menschlicher Abgründe.

In einer Zeit des Umbruchs zwischen zwei Weltkriegen begeben sich einige sehr unterschiedliche Menschen auf die abgelegene und unbesiedelte Galápagos-Insel Floreana, auf der Suche nach einem neuen Leben jenseits zivilisatorischer Konventionen. Die Ersten sind der deutsche Arzt und Philosoph Dr. Friedrich Ritter (Jude Law) und seine an Multipler Sklerose erkrankte Geliebte Dore Strauch (Vanessa Kirby), gefolgt von dem Weltkriegsveteranen Heinz Wittmer (Daniel Brühl) mit seinem Sohn Harry und seiner Frau Margret (Sydney Sweeney). Der Kampf mit den Naturgewalten, den Gefahren der Insel und der zwischenmenschlichen Dynamik spitzt sich durch die Ankunft der kapriziösen Eloise Wehrborn de Wagner-Bosquet (Ana de Armas) zu. Die mysteriöse Baronin hat ihre zwei Liebhaber (Felix Kammerer und Toby Wallace) im Schlepptau und große Pläne: Sie möchte ein Luxushotel auf der Insel errichten und die anderen Bewohner mit allen Mitteln vertreiben. Der einzigartige Thriller setzt die Komplexität menschlicher Gefühle und Beziehungen im ambivalenten Inselparadies in Szene. Aus dem Zufluchtsort wird eine Bedrohung. Eitelkeiten, Manipulation und menschliche Habgier spitzen das poröse Miteinander gefährlich zu, bis sich die Ereignisse überschlagen.

Howard erzählt seine hochspannende Version der mysteriösen wahren Geschichte um acht Galápagos-Aussteiger, die in den 1930er-Jahren ihre persönliche Utopie leben wollten – für einige endete dies tödlich. Hans Zimmer untermalt den ungewöhnlichen Thriller mit einem packenden Soundtrack, die Kamera von Mathias Herndl fängt in einmaligen Bildern ein Inselparadies ein, das wunderschön und bedrohlich zugleich ist. (Jessica Wittmann-Naun)

Spannende Fallstudie über die menschliche Natur

 

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