BLACK TERMINATOR – IM GESPRÄCH MIT IDRIS ELBA
Idris Elba wurde 1972 in London geboren und musste eine lange und vielsprossige Karriereleiter erklimmen, um heute einer der gefragtesten und durchaus auch geschätztesten Schauspieler zu sein. Erst Mitte der 90er konnte er die Filmbühne betreten – zunächst in kleinen TV-Auftritten. Nach und nach sah man ihn im Kino, auch in Genrefilmen wie THE REAPING und 28 WEEKS LATER. 2011 war er Heimdall in THOR, kurz danach spielte er in PROMETHEUS und PACIFIC RIM. Heute interpretiert er die charismatischsten Figuren – egal ob als Guter oder Böser. Sein Spiel ist überaus physisch und dennoch charakterlich tief, und trotz allem Brachialen ist da immer etwas Einfühlsames in seinem Blick.
Anlässlich seiner Rolle als Schurke Brixton in HOBBS & SHAW durften wir mit ihm quatschen.
DEADLINE: Du hattest deinen ersten Auftritt in den 90ern in der TV-Serie SPACE COPS. Die lief zu meiner Jugend viel im deutschen Fernsehen. Kannst du dich noch daran erinnern?
Idris Elba: Ja, klar. Ich war der Pizza-Kerl. Ich war damals noch gar kein richtiger Schauspieler, und diese kleine Rolle zu bekommen war ein großer Moment für mich, die Serie wurde schließlich von Gerry Anderson geschrieben. Ich sagte mir: Wow, ich habe es geschafft! (lacht) Aber ich hatte nur eine Textzeile. Und die haben sie dann von jemand anderem sprechen lassen.
DEADLINE: Du hast schon Erfahrung als Regisseur sammeln können – zuletzt mit deinem Spielfilm YARDIE. Wie beeinflusst das deine Arbeitsweise als Schauspieler?
Idris Elba: Ich versuche nach wie vor, den Regisseur seine Sache machen zu lassen. Allerdings versuche ich ihm zu geben, was ich mir wiederum für die Arbeit beim Schnitt wünschen würde. Darüber denke ich nun viel mehr nach. Ich habe selbst oft erlebt, dass ich neun Aufnahmen einer Szene hatte und mir so sehr eine zehnte wünschte. Es fällt mir jetzt noch leichter, eine Szene mehrmals zu spielen, da ich weiß, wie wichtig viele Varianten sind. Meine Regieerfahrung ist im Grunde ein Vorteil für die Regisseure. Ich habe nun mehr Verständnis.
In Zukunft möchte ich mich noch mehr auf die Regie konzentrieren. Die Geschichte vom Glöckner von Notre-Dame reizt mich. Vielleicht eine moderne Interpretation.
DEADLINE: Bist du von Anfang an Fan der FAST AND FURIOUS-Reihe gewesen?
Idris Elba: Nein, nicht von Anfang an, aber ich habe mir nach und nach alle Filme angesehen. Mir gefallen vor allem die späteren, besonders TOKYO DRIFT. Driften ist ein richtiger Sport, der auch in Tokio ausgeübt wird, und das hat einfach gepasst. Die Stunts in den letzten Filmen sind verrückt! Ich mag Autos und Action, also passt es.
DEADLINE: Wer ist Brixton, deine Figur in HOBBS & SHAW?
Idris Elba: Es war eine Herausforderung, seinen Charakter gut auszubalancieren. Er ist etwas sarkastisch und überlebensgroß, innerlich. Gleichzeitig soll er bedrohlich wirken und ist außerdem noch eine halbe Maschine. Darüber habe ich viel mit unserem Regisseur David Leitch geredet. Wir wollten nicht einen Joker aus ihm machen, aber er sollte ein bisschen ironisch und sich seiner selbst bewusst sein. Er ist selbstverliebt, schätzt seine eigenen Fähigkeiten. Zwischen Dwayne Johnson und Jason Statham gibt es im Film Momente, die sind reinste Komödie. Und dann bin da ich, in meinem Anzug, sehr ernst. Diese Balance zu finden war nicht einfach.
DEADLINE: Brixton ist halb Mensch, halb Maschine. Inwieweit ist die biotechnische Verbesserung des Menschen unsere Zukunft?
Idris Elba: Eine Fusion von Mensch und Technologie hat bereits begonnen. In Zukunft wird auch unsere Anatomie Technologie gebrauchen. Brixton ist ein Soldat. Was das Militär betrifft, ist die Forschung, um Soldaten noch leistungsfähiger zu machen, bereits in vollem Gange. Einerseits macht es mich traurig, denn der Mensch ist von Natur aus ein komplexes und wunderschönes Wesen. Andererseits: Das ist Evolution, und die lässt sich nicht verhindern.
DEADLINE: Bereits in STAR TREK: BEYOND hast du den Bösewicht gespielt. Dort aber unter einer Maske.
Idris Elba: Ja, das war aber ein ganz anderer Film. Diesmal erkennt man mich. (lacht)
DEADLINE: David Leitch hat viel Erfahrung mit Stuntszenen. Hat man das am Set gemerkt?
Idris Elba: Ja, mit ihm zu drehen ist, wie ein Kreuzworträtsel zu lösen. Es ist, als würde man einen dieser Kickbox-Kampfsportfilme aus Hongkong machen. Man setzt viele einzelne Stücke zu einem ganzen Film zusammen. Das ist seine Arbeitsweise. Aber er konzentriert sich auch sehr auf die schauspielerische Seite. Es war gut, dass ich kämpfen kann, denn damit konnte er so arbeiten, wie er wollte, aber er brauchte mich auch als Darsteller.
DEADLINE: Sprechen dich physische Rollen in Actionfilmen besonders an?
Idris Elba: Oh ja, das liebe ich. Wir haben viel Kampftraining gemacht, das macht mir großen Spaß. Da bringe ich aufgrund meiner Vergangenheit auch schon viel mit. Außerdem fahre ich auch privat Motorrad, wie Brixton im Film, das hat gut gepasst.
Ich mache viel Kickboxen, Muay Thai und Boxen, erst vor Kurzem hatte ich noch einen Kampf. Vor allem von Mitte zwanzig bis Anfang dreißig habe ich viel gekämpft.
DEADLINE: Schaust du selbst gerne Martial-Arts-Filme? Bevorzugst du die 70er mit Bruce Lee, die 80er mit Van Damme oder neuere Filme mit realistischeren Kampfchoreografien?
Idris Elba: DER MANN MIT DER TODESKRALLE und die ganzen Bruce-Lee-Filme sind toll. Sie sind einfach gut gemacht, mit unglaublichen Kampfszenen. Die Filme der Van-Damme-Ära habe ich praktisch alle verpasst. Viele lieben BLOODSPORT, aber den habe ich nie gesehen. Jackie Chan gefällt mir natürlich sehr, und von den jüngeren Filmen mochte ich THE RAID. Die sind einfach wahnsinnig gut choreografiert. Die JOHN WICK-Filme sind auch super.
DEADLINE: In der Tat. Vielen Dank für das Gespräch!
Interview von Leonhard Elias Lemke
„BRUCE LEE WAR MEIN HELD“ – IM GESPRÄCH MIT JASON STATHAM
Der Brite Jason Statham gehört heute schon fast zum alten Action-Eisen, ist noch einer der jüngeren Expendables, bekommt aber im Gegensatz zu seinen Genrekollegen noch Hauptrollen in Blockbustern. Der frühere Tänzer und olympische Turmspringer kam im Kino schon immer viel über seine Physis, wusste aber vor allem seinen unkonventionellen Charakter, derben Humor und eigene Sprache auf seine Rollen zu übertragen. Ende des letzten Jahrtausends entdeckte ihn Guy Ritchie für seine Filme BUBE DAME KÖNIG GRAS und SNATCH und machte Statham plötzlich zur Kultfigur. Mit TRANSPORTER und später CRANK gelang es ihm, auch einen allein auf ihn fokussierten Film zu tragen – und die meisten Stunts selbst zu machen. Der Martial-Arts-Legende Jet Li stand er gleich zweimal gegenüber, in THE ONE und WAR. Aber auch in kleineren Filmen, die sich mehr auf das Innere ihrer Charaktere konzentrieren, weiß Statham im Gedächtnis zu bleiben. Schließlich ist es kein Freundschaftsdienst, wenn Stallone ihm Hauptrollen anvertraut. Stathams Talent wird längst nicht mehr unterschätzt, und seine Figuren werden mit dem Alter möglicherweise noch spannender.
Im FAST AND FURIOUS-Spin-off HOBBS & SHAW ist Statham Letzterer, und wir durften ihn in Köln treffen.
DEADLINE: Gibt es Tage, an denen du müde von deinen körperlich anstrengenden Actionrollen bist?
Jason Statham: Für mich wäre es schwer vorstellbar, weniger zu machen, das würde mich nicht zufriedenstellen. Aber die meisten Actionszenen, die ich drehe, sind nicht wirklich gefährlich für mich. Die Studios haben sehr viel Angst, dass wir uns verletzen könnten. Vor zwanzig Jahren durfte man noch alles selbst machen. Kameras wurden auf das Auto montiert, und man fuhr selbst. Das geht heute kaum noch. Wenn ein Film 200 Millionen Dollar kostet, will man eben so wenig wie möglich dem Zufall überlassen. Unseren Regisseur für HOBBS & SHAW, David Leitch, kenne ich schon seit längerer Zeit, auch außerhalb der Filmindustrie. Er weiß, wie er mich trotzdem fordern kann. Er ist selbst Stuntman, kann die Situationen gut einschätzen und weiß, dass ich sicher bin. Er gibt mir etwas mehr Raum, als das vielleicht andere Regisseure tun würden. Kampfszenen sind sowieso kaum gefährlich. Man bricht sich mal die Finger – die leider ewig zum Verheilen brauchen und mörderisch wehtun. Das passiert, wenn man einen Stuntman wirft und ihn nicht richtig erwischt beim Packen. Wenn einem das gleich zu Beginn des Drehs passiert, ist es mit dem gebrochenen Finger, wie einen Marathon mit einem Stein im Schuh zu laufen. Aber es passiert eigentlich nie was Schlimmeres.
DEADLINE: Wie trainierst du?
Jason Statham: Ich mache das schon so lange und habe keinen festen Plan mehr. Ich mache das vom Tag abhängig, nach welchem Training mir ist, worauf ich den Fokus lege. Die ganzen Martial-Arts-Sachen mache ich mit einem Sparringspartner. Der Lernprozess endet nie. Ich bin kein Bodybuilder. Ich habe das mal probiert, aber das bin nicht ich. Jetzt, wo ich älter werde, geht es mir vor allem darum, dass ich mich gut bewegen kann.
DEADLINE: Wie siehst du dich im Vergleich zu Dwayne Johnson?
Jason Statham: Unser Vorteil ist, dass wir sehr unterschiedlich sind. Wir vergleichen nicht unseren Bizeps-Umfang oder so. Wir trainieren sehr unterschiedlich und haben verschiedene Kampfstile. Damit sind wir auch für Filmrollen zusammen sehr interessant, da wir unterschiedliche Dinge rüberbringen können. Er ist der Amerikaner, ich der Brite. Der eine ist schnell und genau, der andere stark und imposant. Wir sind uns jeder auf seine Art unserer Fähigkeiten sehr bewusst. Das ist das David-und-Goliath-Syndrom. So wie mit Bruce Lee. Der wog vielleicht 65 Kilo, war aber unglaublich exakt in seiner Technik und hatte vor niemandem Angst. Geschwindigkeit ist Kraft, das wusste er. Zwischen Hobbs und Shaw gibt es diese Chemie, dass Hobbs denkt, er könnte Shaw dominieren, der aber wiederum weiß, dass er Hobbs ebenbürtig ist. Das funktioniert sehr gut für den Film und bringt Spannung.
DEADLINE: Gibt es eine Art Film, die du noch gerne machen würdest?
Jason Statham: Ich bin eigentlich ganz zufrieden damit, wie es gerade ist. Ich spiele in den großen Blockbustern Hauptrollen und mache auch immer mal kleine Filme. Ich spiele Actionhelden oder schräge Typen, zum Beispiel für Guy Ritchie. Die kleinen Filme machen mir besonders Spaß, aber natürlich sind die großen Popcornfilme auch eine gewisse Genugtuung. Auch wenn man bei ihnen etwas künstlerischen Anspruch opfern muss. Vielleicht würde ich gerne noch mehr von den kleineren Filmen machen. Wenn ein Film 200 Millionen Dollar kostet, dann muss er auch kommerziell sein, denn das Geld muss ja wieder reinkommen. Ein kleiner Film hat vielleicht sechs Wochen Drehzeit, und für HOBBS & SHAW sind es fünf Monate. Ich bin gerne ein Teil von beiden Arten, und jede hat ihre Vorzüge. Es ist einfach so, dass ich in den letzten Jahren mehr Angebote von großen Studios als für kleine, interessante Filme bekomme.
DEADLINE: Du kannst bereits auf eine sehr gute Karriere zurückblicken. Optisch und vom Charakter bist du dabei gar nicht der typische Hollywood-Star. Überrascht es dich manchmal, dass du diese großen Rollen bekommst?
Jason Statham: Ja, das stimmt. Ich habe das nie wirklich analysiert. Das ist nicht meine Art. Ich glaube einfach, dass einige der Filme, die ich mache, ein breites internationales Publikum ansprechen. Gerade meine frühen Actionfilme sind sehr bekannt, es ist ein populäres Genre. So kann man sich eine große Anhängerschaft im Publikum aufbauen. Ich bin selbst immer schon Fan dieser Art Filme gewesen, und es ist unglaublich schön für mich, nun in ihnen spielen zu dürfen. Für diese Art Film ist es wohl ein Vorteil für mich, nicht wie der typische Filmstar auszusehen. Leonardo DiCaprio hätte in CRANK wohl nicht funktioniert. (lacht) Jeder hat andere Stärken. Ich bin überhaupt nicht neidisch auf irgendwen und von Grund auf zufrieden mit den Rollen, die ich bekomme. Ich bin sehr dankbar. Ich habe Freunde auf der ganzen Welt, Leute sprechen mich auf der Straße wegen meiner Rollen an und schätzen sie. Umgekehrt gibt es sicherlich bekannte Schauspieler, die gerne bei den Expendables dabei wären, aber es nie sein werden. Der eine mag Cary Grant, der andere Jimmy Stewart, der nächste Charles Bronson. Die Geschmäcker sind verschieden.
DEADLINE: Sammelst du Filme? Schätzt du eher das frühere Kino oder das neue?
Jason Statham: Ja, aber ich komme nicht mehr so sehr dazu wie früher. Ich liebte es, als man noch in eine Videothek gehen und zwischen all den Filmen, die da standen, wählen konnte. Man wählte immer mal zufällig Filme und wurde dann überrascht! Das war mit meine schönste Zeit, Filme und Regisseure auf diese Art und Weise zu entdecken. Heute gibt es einfach zu viel. Es fällt mir schwer, die Zeit zu finden, eine Serie zu verfolgen. Es gibt zu schnell zu viel. Es fällt mir sogar schwer, ins Kino zu gehen. Da muss es schon ein Film von einem Regisseur oder mit einem Schauspieler sein, der mich sehr interessiert.
Meine Lieblingsfilmperiode sind die 70er und 80er. Meine Eltern haben meinen Geschmack sehr beeinflusst. Sie liebten Steve McQueen, und meine Mutter war ein großer Fan von Paul Newman. Mit meiner Mutter habe ich auch viele Musicals geschaut, sie mochte Gene Kelly. Die Filme damals waren sehr einfach, figurenzentriert. Sie waren nicht immer komplex, aber toll anzusehen. Bruce Lee war mein Held, als ich aufgewachsen bin.
Interview von Leonhard Elias Lemke