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Im Gespräch mit THE HOLE IN THE GROUND-Regisseur Lee Cronin

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DAS GRAUEN AUS DEM LOCH

 

Von der grünen Insel erreicht uns mit THE HOLE IN THE GROUND ein Horrorfilm, der es wahrlich in sich hat. Dass der von Lee Cronin inszenierte Film teilweise mit DER BABADOOK verglichen wird, kommt dabei nicht von ungefähr. Schließlich handelt es sich bei THE HOLE IN THE GROUND um einen Film, der viel Raum für Interpretationen lässt. Wir haben uns mit Lee Cronin sowohl darüber wie auch über seinen Film im Allgemeinen unterhalten. THE HOLE IN THE GROUND startet am 2. Mai in den Kinos

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DEADLINE: Mit THE HOLE IN THE GROUND ist dir wirklich ein sehr atmosphärischer, aber vor allem auch intensiver Horrorfilm gelungen.

 

Lee Cronin: Danke für die netten Worte. Ich bin, wenn ich das so sagen darf, durchaus stolz darauf, wie der Film von der Presse und den Zuschauern angenommen wird. Es ist schön zu sehen, dass die Arbeit auf fruchtbaren Boden fällt.

 

DEADLINE: Was gab oder gibt dir eigentlich die Zuversicht, dass du genau weißt, wie man dem Publikum einen wohligen Schauer über den Rücken jagt?

 

Lee Cronin: Eine sehr gute Frage, die du mir da stellst. Ich würde es nicht Zuversicht nennen, sondern eher eine Art von Instinkt. Am Ende mache ich nichts anderes, als mich selbst zu hinterfragen, was genau ich als unheimlich empfinde. Ich gebe mir gewissermaßen selbst den Weg vor, den ich danach dann einschlage. Dass ich mich selbst als Richtungswert nehme, liegt an meinem Glauben, dass Horror eine universelle Erfahrung ist. Nimm z. B. einen dunklen Raum, der wird überall auf der Welt als etwas Unheimliches empfunden. Wenn du dir dessen bewusst bist, dass die meisten Menschen die gleichen Ängste miteinander teilen, dann hast du schon eine gute Ahnung davon, wie man Horror in Szene setzen kann. Und dann braucht es halt auch noch die notwendige Geduld, sich als Filmemacher mit dem Material auseinanderzusetzen. Man muss sich speziell im Schneideraum die Zeit dazu nehmen, mit Szenenfolgen und Einstellungen zu experimentieren. Dabei wollte ich von Anfang an eine Sache erreichen: dass ich das Interesse des Zuschauers ab der ersten Einstellung wecken kann. Die meisten Horrorfilme beginnen damit, dass sie eine heile und funktionierende Welt zeigen, in welche das Grauen einbricht. So ein Klischee wollte ich vermeiden, weswegen THE HOLE IN THE GROUND bereits nach wenigen Sekunden eine beunruhigende Stimmung erschafft. Man spürt, dass etwas nicht stimmt, ohne es jedoch definieren zu können.

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DEADLINE: Kann man sagen, dass du mit THE HOLE IN THE GROUND im Grunde eine simple Geschichte erzählst?

 

Lee Cronin: Absolut, ja. Die Geschichte ist sehr einfach aufgebaut, besitzt aber einen sehr menschlichen Kern, woraus sich das Grauen entwickelt.

DEADLINE: Wie wichtig ist dieser menschliche Kern für Horrorfilme?

 

Lee Cronin: Ich denke, er ist von essenzieller Bedeutung. Ich selbst bin kein großer Fan von Horrorfilmen, da ich eher Dramen und Thriller bevorzuge. Doch ganz egal, welches Genre man sich aussucht, der menschliche Kern ist es immer, der eine Geschichte vorantreibt. Er sorgt dafür, dass man sich als Zuschauer mit den Figuren und der Geschichte identifizieren kann. Aus diesem Grund ist die Idee in THE HOLE IN THE GROUND sehr einfach gehalten. Ein jeder kann sich in eine Mutter hineinfühlen, die plötzlich der Meinung ist, dass ihr Sohn nicht mehr ihr Sohn ist. Die Angst, das eigene Kind auf irgendeine Art und Weise zu verlieren, ist etwas vom Menschlichsten überhaupt.

 

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DEADLINE: War es nie eine Option, die Geschichte aus der Sicht eines Vaters zu erzählen?

 

Lee Cronin: Ich habe die Geschichte tatsächlich auch aus der Sicht eines Vaters analysiert. Es ist jedoch so, dass ich durch meine Mutter und meine Schwester stets sehr starken weiblichen Einflüssen ausgesetzt war. Ich denke, dies hat dafür gesorgt, dass ich solch eine Geschichte eher aus der Sicht einer Frau erzählen kann. Auch empfinde ich es als viel natürlicher, dass die Geschichte einen weiblichen Blickwinkel hat. Ein männlicher hätte weniger zum Fokus der Geschichte gepasst.

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DEADLINE: THE HOLE IN THE GROUND ist bekanntermaßen nicht der erste Horrorfilm, der aus Irland kommt. Gibt es in deinem Heimatland überhaupt ein angemessenes Publikum für Horrorfilme?

 

Lee Cronin: Erstaunlicherweise ja. Unser Film hatte in Irland sogar einen sehr guten Kinostart. Trotzdem denke ich, dass das irische Publikum erst ganz am Anfang steht, wenn es darum geht, einheimische Horrorfilme für sich zu entdecken. Wie bei allen kleinen Filmmärkten besteht auch beim irischen das Risiko, im Schatten der großen Hollywood-Produktionen zu stehen. Dabei ist es ganz natürlich, dass die Zuschauer den Hollywood-Filmen den Vorzug geben, da jene nicht nur das bessere Marketing haben, sondern vor allem auch die weltweit bekannten Stars. Die Herausforderung liegt somit darin, dagegen anzutreten. Mit einem Horrorfilm ist es vielleicht ein wenig einfacher, da es dafür keine Stars braucht, aber dennoch hat auch hier Hollywood die Nase vorn.

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DEADLINE: Es gibt ein paar ausländische Reviews zu deinem Film, in welchen man nachlesen kann, dass die Gefahr in THE HOLE IN THE GROUND von Außerirdischen ausgeht. Ich selbst sehe die Gefahr jedoch tief in der irischen Folklore verwurzelt …

 

Lee Cronin: Ich werde dazu gar nix sagen. (lacht) Ich mag es, wenn die Leute sich ihre eigenen Gedanken zu dem Film machen. Auch wenn gewisse Leute mit ihrer Vermutung falschliegen, ist mir dies immer noch lieber, als wenn sie sich gar keine Gedanken über den Film machen.

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DEADLINE: Kann man sagen, dass du kein Fan von Erklärungen bist?

 

Lee Cronin: Nicht ganz. Ich arbeite aktuell an einem neuen Filmprojekt, in welchem sich alles nur um Erklärungen dreht – da gibt es am Ende keine offenen Fragen. Bei THE HOLE IN THE GROUND macht es für mich jedoch absolut Sinn, dass es nur sehr wenig Erklärung und dafür umso mehr Hinweise gibt. Bei einem Horrorfilm kann und darf man sich so etwas erlauben, da es für eine noch intensivere Stimmung sorgt. Je weniger Informationen man als Zuschauer hat, umso mehr spielt sich das Grauen auch im eigenen Geist ab. Aus diesem Grund ist die Geschichte auch strikt aus dem Blickwinkel der Mutter erzählt – als Zuschauer weiß man nie mehr als sie. Es ist wie eine Geisterbahnfahrt, wo man selbst nicht weiß, wann und wie sie enden wird.

 

Interview geführt von Nando Rohner