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Interview mit Regisseur William Brent Bell zu BRAHMS: THE BOY 2

THE BOY

DIE FALSCHE UNSCHULD DER PUPPEN

 Interview mit Regisseur William Brent Bell

 

Nach dem kommerziellen Erfolg von THE BOY, der nicht zuletzt dem Design der unheimlichen Puppe Brahms geschuldet war, gab es schon bald erste Stimmen, die nach einer Fortsetzung zu dem Film von 2016 verlangten. Damit kann sich Regisseur William Brent Bell, der sich mit den Titeln THE DEVIL INSIDE und WER einen Namen im Genre gemacht hat, in seiner Vision bestätigt fühlen, die atmosphärisch dicht und mit vielen Referenzen zu Klassikern des Genres gespickt ist.

Mit DEADLINE unterhielt sich der Regisseur über die Entstehung von BRAHMS: THE BOY II, die Inspiration für den Film und seine Arbeit mit Darstellerin Katie Holmes.

 

DEADLINE: Was kannst du uns über die Entstehung des Sequels sagen und darüber, wie du auf die Idee dazu gekommen bist?

 

WILLIAM BRENT BELL: Es war schon immer die Idee, aus der Geschichte um Brahms hoffentlich ein Franchise zu machen, denn es ist immer schwierig, alle Facetten innerhalb der 90 Minuten eines Films abzudecken. Den ersten Film kann man als eine Art Einführung in die Welt dieser Filme sehen.

Die Idee zu einer Fortsetzung nahm richtig Fahrt auf, als Menschen über Twitter und andere soziale Medien Memes teilten, in denen es so aussah, als sehe Jared Kushner Brahms sehr ähnlich. Ich bekam dann einen Anruf von Gary Lucchesi, der die Produktionsfirma Lakeshore Entertainment leitet, und er wies mich darauf hin, dass der Charakter Brahms und sein Äußeres Teil des kulturellen Gedächtnisses geworden seien. So begannen dann die konkreten Planungen für ein Sequel.

Bei den ersten Treffen mit den Produzenten habe ich meine Idee vorgestellt, die viel Anklang fand, und habe mich dann mit Stacey Menear, die auch das Skript zum ersten Teil schrieb, zusammengesetzt und mit ihr an der Idee weiter gearbeitet.

So kam es dann, dass wir die Geschichte der Puppe und des Menschen, der hinter den Mauern des Hauses im ersten Teil lebt, weitererzählen konnten.

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DEADLINE: In beiden Filmen geht es vornehmlich um Themen wie Schutz und Sicherheit oder die Illusion davon. Inwiefern ist ein Film wie BRAHMS: THE BOY II als Kommentar zu diesen Themen zu verstehen?

 

WILLIAM BRENT BELL: Ich denke schon, dass beide Filme diese Themen aufgreifen, der zweite Teil vielleicht noch etwas mehr. Im Sequel geht es um eine Familie, die durch das traumatische Ereignis eines Einbruchs in ihr Haus gezeichnet wird, vor allem ihr Sohn Jude, der nach dem Ereignis nicht mehr spricht. Das stellt dann den Grund dar, warum seine Eltern beschließen, aus der Großstadt London weg- und für eine Weile aufs Land zu ziehen, denn sie erhoffen sich dadurch eine Besserung seines Zustands. Jude ist in dem Moment gezeichnet, weil ihn seine Eltern nicht schützen konnten, was doch ihre Aufgabe gewesen wäre, und durch die Puppe, die er durch Zufall findet, fühlt er wieder so etwas wie Sicherheit und Geborgenheit und öffnet sich sogar wieder der Außenwelt. Doch nach einer Weile beginnt man, die Hintergründe dieser neu gefundenen Sicherheit zu hinterfragen.

 

DEADLINE: Natürlich spielt das Design von Brahms eine zentrale Rolle innerhalb des Films. Kannst du uns etwas über das Design der Puppe sagen und darüber, wie sich dieses seit dem ersten Film weiterentwickelt hat?

 

WILLIAM BRENT BELL: Was mir in gewisser Weise keine ruhige Nacht ließ bei der Vorbereitung des ersten Films, war das Design der Puppe, die einzigartig sein sollte. Aber anstatt mich von echten Puppen inspirieren zu lassen, habe ich mich von Kindergestalten in klassischen Horrorfilmen inspirieren lassen wie beispielsweise der Figur des Damien in DAS OMEN. Dann gab es da noch THE OTHER von Robert Mulligan, der eine wichtige Inspiration für den Film darstellte.

Anstatt die Puppe auf den ersten Blick schon gruselig erscheinen zu lassen, wollte ich sie als unschuldig zeigen, zumindest nach außen hin, denn hinterm Rücken hält sie ein scharfes Messer. Es spielt nämlich nur eine untergeordnete Rolle, ob eine solche Puppe auch gruselig aussehen muss, um gruselig zu sein.

Im Gegensatz zum ersten Film ist Brahms verletzt, denn er wurde wieder zusammengesetzt. Dennoch ist er derselbe Charakter geblieben, er ist immer noch hinterhältig und nur augenscheinlich so unschuldig.

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DEADLINE: Abgesehen von den Inspirationen, die du gerade erwähnt hast, scheint der Film recht viele Verbindungen gerade zu europäischem Horror aufzuweisen, beispielsweise zu Filmen wie Georges Franjus AUGEN OHNE GESICHT. Kannst du uns etwas mehr zu den Inspirationen für den Film sagen?

 

WILLIAM BRENT BELL: Das ist eine Inspiration gewesen. Doch darüber hinaus waren es Filme wie der Robert Mulligans, den ich gerade eben erwähnte. In diesem Film geht es auch um ein Brüderpaar, von dem einer der Unschuldige, Zuvorkommende ist, während der andere böse ist, doch am Ende findet man heraus, dass man es immer nur mit einem Bruder zu tun hatte und der andere schon lange tot ist, ermordet von seinem Bruder. Den Film habe ich mir als kleines Kind angesehen, und seine Geschichte, seine Themen und seine Bilder begleiten mich bis heute.

Daneben ist HALLOWEEN von John Carpenter sicherlich eine Inspiration, denn ich mochte das Mysterium um eine Figur wie Michael Myers, auch wenn diese in den Fortsetzungen immer mehr zu einer Karikatur verkam. Was mich fasziniert an Michael, ist, dass er nach außen hin immer noch dieser schöne, unschuldige Mann ist, der dann aber wieder zu solchen Bluttaten fähig ist. Gleiches gilt für jemanden wie Damien aus DAS OMEN.

Dann gab es da noch einen TV-Film namens TRILOGY OF TERROR, der aus verschiedenen Geschichten besteht. In einer davon kommt eine Frau gespielt von Karen Black mit einer Voodoopuppe nach Hause, die auch unschuldig aussieht, aber besessen und bösartig ist. Dieser Film hat mir als Kind schlaflose Nächte bereitet.

Was all diese Filme vereint – und was ich mir auch vorgenommen habe in den THE BOY-Filmen –, ist, dass es hier nicht um das Erschaffen eines Monsters geht, welches von Anfang an schreckliche Dinge tut. Mir liegt ein subtiler Zugang am Herzen, der sich echt anfühlt, denn wenn wir ehrlich sind, würde doch niemand seinem Kind eine Puppe kaufen, die schon von außen unheimlich aussieht.

Die Tatsache, dass wir den Film in England gedreht haben, gibt dem Film eine sehr europäische Note, wenn man so will. Generell mag ich es, meine Filme in einem Land zu drehen, das nicht meine Heimat ist und den Geschichten damit etwas mehr Tiefgang gibt, aber dennoch für jeden Zuschauer zugänglich bleibt.

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DEADLINE: Wie war die Zusammenarbeit mit Katie Holmes, als es um die Figur Liza und deren Trauma ging?

 

WILLIAM BRENT BELL: Wie ich bereits sagte, kommt es direkt zu Anfang des Films zu einem Einbruch im Heim der Familie, was ein Ereignis darstellt, das nicht nur Jude, sondern auch Liza, gespielt von Katie Holmes, nachhaltig emotional verwundet. Während ihr Sohn traumatisiert ist, ist sie geplagt von der Erinnerung an den Schrecken dieser einen Nacht und beschließt zusammen mit ihrem Mann, aufs Land zu ziehen, damit sie Zeit hat, das Ereignis zu verarbeiten. So kommen sie dann zu dem Gästehaus auf dem Heelshire-Anwesen, das wir aus dem ersten Teil kennen und auf dessen Land die Puppe Brahms begraben liegt.

Anders als der erste Teil, der sich sehr an den Ideen des Gothic Horrors orientiert, ist die Fortsetzung ein Film, der sich eher durch die Geschichte der Familie definiert. Natürlich sind ein paar Elemente des ersten Teils noch immer präsent, aber BRAHMS: THE BOY II ist in erster Linie eine Geschichte, die sich in einem richtigen Haus abspielt, mit einer Familie mit realen Problemen, wie ich sie gerade beschrieben habe.

Es ist schon lange her, dass wir Katie in einer solchen Rolle wie im Film gesehen haben. Sie hat einen Sohn, der im gleichen Alter ist wie Christopher Convery im Film, und in jeder Szene mit ihm merkt man, wie sie sich als Mutter vor ihn stellt und ihn beschützen will. Ihr Beschützerinstinkt hat die Figur der Liza angetrieben, genauso wie die Schuldgefühle ihrer Figur, weil sie ihren Sohn einmal nicht schützen konnte.

Daraus resultiert ihre erhöhte Wachsamkeit, was ihren Sohn angeht, wenn sie vorsichtig überprüft, welche Langzeitfolgen jenes Ereignis auf ihren Sohn hat. Dazu gehört auch, ob er vielleicht selbst gefährlich wird oder psychopathische Züge zeigt. Katie hat mit großem Einsatz eine Mutter gespielt, die von diesen Gedanken immerzu geplagt wird und nicht mehr schlafen kann vor lauter Sorge und Schuldzuweisungen.

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DEADLINE: Ich bewundere Christopher Converys Darstellung im Film, denn er bleibt für einen Großteil des Films stumm und muss dennoch hochkomplexe Gefühle zeigen. Wie war es, mit ihm zu arbeiten?

 

WILLIAM BRENT BELL: Aus all den jungen Menschen, die wir uns für die Rolle ansahen, stach Christopher hervor, weil er gleichzeitig jene Unschuld zeigte, aber auch jene Angst spielen konnte, die wichtig ist für die Figur des Jude. Daneben verbindet ihn eine gewisse Ähnlichkeit mit dem echten Brahms aus dem ersten Film, was ich sehr interessant fand. Abgesehen davon hat Christopher eine fast schon porzellanartige Haut, was sein Äußeres mit dem der Puppe verband.

Mir ist noch einmal beim Schnitt aufgefallen, wie sehr viele Szenen allein durch Christophers Mimik getragen werden. Egal ob ich ihm sagte, in einer bestimmten Szene würde er Angst vor der Puppe haben, sich auf ihre Seite stellen oder meinen, er wäre eine Gefahr für seine Mutter, war es immer seine Körpersprache, die diese Gefühle so treffend übermittelte. Ich glaube, es gibt nur sehr wenige Schauspieler in seinem Alter, die eine solche Bandbreite an Emotionen abrufen können, manchmal sogar binnen einer einzigen Szene. Als Regisseur kann ich mir keinen besseren Darsteller als ihn wünschen, denn er bot mir sehr viele Möglichkeiten an, wenn er beispielsweise eine Szene einmal als Jude spielte, vor dem man Angst hat, und dann wieder als Jude, mit dem man leidet oder um den man sich sorgt.

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DEADLINE: Neben den Figuren spielen auch die Drehorte eine wichtige Rolle im Film. Was kannst du uns über die Rolle der Orte im Film sagen?

 

WILLIAM BRENT BELL: Ich glaube, ich habe noch nie einen mit dem Anwesen der Heelshires vergleichbaren Ort gesehen. Zumindest nicht in einem Horrorfilm.

Dieser Ort hat eine sehr eigene, sehr vielschichtige und einzigartige Geschichte, was ich sehr mag. Gerade dieses Element ist wichtig für den Hintergrund von Brahms, welcher, was wir allein durch den Trailer zum zweiten Teil erfahren, sehr weit zurückgeht.

In dem Teil der Welt, in dem wir diese wunderbaren Drehorte gefunden haben, bekommt man eine Ahnung von den Geschichten der Familien, die in diesen Mauern hausten und vielleicht durch ein ähnliches Trauma motiviert wurden, schlimme Zeiten durchmachten oder gar verrückt wurden.

Hinzu kommt noch diese Idee der Isolation, die von solchen Orten und Gebäuden ausgeht. Das hätten wir niemals in einer städtischen Umgebung gefunden, denn es gibt der Geschichte etwas Unausweichliches, wenn die Figuren auf dem Land sind, isoliert, und keine Möglichkeit haben, vor dem Grauen zu fliehen.

In BRAHMS: THE BOY II wollten wir zurückkehren zu den Drehorten des ersten Teils, diese noch mehr nutzen und noch mehr Facetten von ihnen zeigen.

 

DEADLINE: Vielen Dank für das interessante Gespräch.

 

Interview geführt von Rouven Linnarz

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