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INTERVIEW MIT TOM WLASCHIHA ZU DAS BOOT – STAFFEL 1

GAME OF THRONES bedeutete für Tom Wlaschiha den internationalen Durchbruch. Doch trotz seines weltweiten Erfolges engagiert er sich weiterhin gerne in deutschen Projekten – so auch in der Serie DAS BOOT. Im exklusiven Interview mit der DEADLINE erläutert Wlaschiha, weshalb er froh war, den Chef der Gestapo spielen zu dürfen, und die Serie keinen Vergleich mit dem Filmklassiker von Wolfgang Petersen scheuen muss. Zudem sprechen wir über seine Kindheit in der DDR und die Gefahren sowie Chancen von Streamingangeboten. In der DEADLINE #78 findet ihr ein ausführliches Review der Staffel 1 von DAS BOOT.

 

DEADLINE: Wie groß war bei deiner Zusage zu DAS BOOT deine Sorge, dem Filmvorbild nicht gerecht werden zu können?

 

Tom Wlaschiha: Es war einer meiner Hauptpunkte, bevor ich die Rolle zugesagt habe, dass klar war, dass wir in keiner Weise versuchen, ein Remake von dem Film zu machen. Denn der Film ist noch heute ikonisch. Den kann man schlecht toppen. Der steht einfach für sich. Wir haben eine ganz andere Herangehensweise versucht. Wir wollten die Geschichte um den U-Boot-Krieg viel breiter erzählen, aus mehreren Perspektiven. Dies ist auch ein Grund, weshalb es den Erzählstrang an Land gibt. Der Zuschauer erhält so ein viel größeres Bild von den Zusammenhängen in der damaligen Zeit.

 

DEADLINE: Wann hast du den Film DAS BOOT das erste Mal gesehen, und welche Erinnerungen verbindest du heute noch mit dem Klassiker?

 

Tom Wlaschiha: Das weiß ich noch ziemlich genau. Das war 1990, da war ich das erste Mal in München und unter anderem auch in den Bavaria Filmstudios. Dort habe ich dann das berühmte Modell gesehen. Ich war beeindruckt, wie beengt und klaustrophobisch es da zuging. Daraufhin habe ich mir den Film angeguckt. Natürlich fand ich ihn sensationell. Das ist ein Kammerspiel, und was da an atmosphärischer Dichte erzeugt wird, einfach nur über Soundtrack, die Kamera und das Spiel der Darsteller, ist toll. Später habe ich mir dann auch die anderen DAS BOOT-Fassungen angesehen.

 

DEADLINE: Welche der unterschiedlichen Versionen ist dein Favorit?

 

Tom Wlaschiha: Jede Fassung hat ihre Berechtigung und ihren Reiz. Deshalb habe ich da keinen Liebling.

 

DEADLINE: Bist du sehr traurig, dass du in der Serie nie eine Szene im Boot hast?

 

Tom Wlaschiha: Ich war sogar recht froh, dass ich nicht ins Boot musste, da ich leicht seekrank werde. (lacht) Selbst das Modell, das uns beim Dreh zur Verfügung stand und auf Rollen bewegt wurde, hat mir riesigen Respekt eingejagt.

 

DEADLINE: Gibt es einen konkreten Grund für deine Seekrankheit?

 

Tom Wlaschiha: Das war schon immer so. Ich hatte da kein einschneidendes Erlebnis. Auf ein ganz großes Boot kann ich zur Not auch mal. Aber einmal musste ich sogar auf ein Segelboot – das waren die schlimmsten Tage meines Lebens.

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DEADLINE: Du spielst in der Serie einen Chef der Gestapo. Hast du dich da an einem historischen Vorbild orientiert?

 

Tom Wlaschiha: Ich habe mich nicht an einer konkreten Person orientiert. Das Drehbuch war glücklicherweise so geschrieben, dass die Figur sehr vielschichtig erzählt wird und viele Facetten hat. Daraus setzt man dann seine zu spielende Figur zusammen. Ein gutes Drehbuch definiert die zu spielende Figur auch immer schon sehr genau, sodass man sich meist gar nicht mehr so viel hinzusuchen muss.

 

DEADLINE: Uniformen zu tragen macht ja immer etwas mit einem. Wie war das für dich in DAS BOOT?

 

Tom Wlaschiha: Interessanterweise habe ich in DAS BOOT ja gar keine richtige, klassische Nazi-Uniform an. Ich bin Polizeichef und somit im strengsten Sinne zivil. Ich bin zwar Chef der Gestapo und habe immer Anzüge an, aber keine Uniform. Aber natürlich macht das dennoch etwas mit einem. Ich denke, das kennt auch jeder aus dem ganz normalen Leben, dass man sich automatisch anders bewegt und fühlt, wenn man einen Anzug trägt und nicht mehr in Jogginghose unterwegs ist.

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DEADLINE: GAME OF THRONES bedeutete für dich ja bekanntermaßen einen großen Karriereschritt. Sind die dir angebotenen Rollen im Anschluss einfach nur mehr geworden oder auch vielfältiger?

 

Tom Wlaschiha: Sowohl als auch. Als Schauspieler lebt man natürlich auch von seinem Bekanntheitsgrad. Deswegen bekomme ich nach GAME OF THRONES nun natürlich viel mehr Angebote als vorher, und diese sind dann einfach schon aufgrund der Masse auch abwechslungsreicher. In dieser Hinsicht war GAME OF THRONES absolut ein Geschenk für mich.

 

DEADLINE: Was muss man haben, um als deutscher Schauspieler dauerhaft im Ausland Fuß fassen zu können?

 

Tom Wlaschiha: Das weiß ich nicht. Ich freue mich erst einmal einfach nur, dass ich die Möglichkeit habe, in vielen internationalen Produktionen mitzuspielen. Das Ganze passierte ja auch nicht von heute auf morgen. Ich habe seit über zehn Jahren eine Agentur in London, dort auch zwei Jahre gelebt und sehr viel Energie hineininvestiert, um mich da zu präsentieren und auch breiter aufzustellen.

 

DEADLINE: Ich habe gelesen, dass du schon in sechs verschiedenen Sprachen gedreht hast. Stimmt das, und sprichst du diese Sprachen auch wirklich, oder waren das nur ein paar Sätze für die jeweilige Rolle?

 

Tom Wlaschiha: Sprachen waren schon in der Schule so ziemlich die einzigen Sachen, die mich interessiert haben. Deutsch, Englisch und Französisch spreche ich gut. Und auf Italienisch, Spanisch und Russisch ist mir eine einfache Konversation möglich.

 

DEADLINE: Dir fällt es also leicht, Sprachen zu lernen?

 

Tom Wlaschiha: Ja, relativ leicht. Ich kann mir zumindest Sachen gut merken, was für einen Schauspieler natürlich schon mal sehr hilfreich ist. (lacht) Mit Vokabeln geht es mir ähnlich. Sprachen haben auch etwas mit Musikalität zu tun. Da habe ich wohl ein ganz gutes Ohr für.

 

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DEADLINE: Du hast international schon an sehr unterschiedlichen Orten gedreht. Gibt es einen Drehort, der dich besonders beeindruckt hat oder dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

 

Tom Wlaschiha: Wenn es um Drehorte geht, muss auf jeden Fall GAME OF THRONES genannt werden. Da haben wir in Girona in Spanien gedreht. Das fand ich ganz toll, weil das eine komplett erhaltene mittelalterliche Stadt ist, wo man sich deshalb dann auch sofort in eine andere Zeit hineinversetzen konnte. La Rochelle ist für DAS BOOT auch eine ganz spezielle Stadt gewesen. Der Ort wurde ganz aus weißem Stein gebaut. In Deutschland findet man ja leider kaum noch Städte, die ähnlich komplett erhalten sind.

 

DEADLINE: Die Sachen, die du aktuell machst, sind auf Sky, Amazon, im TV, im Kino und so weiter zu sehen und decken eine riesige mediale Bandbreite ab. Ist diese Streuung Zufall oder geplant?

 

Tom Wlaschiha: Das hat sich so ergeben. Ich bin als Schauspieler seit zwei, drei Jahren das erste Mal in der glücklichen Lage, dass ich auch mal Nein sagen kann zu einem Angebot. Das Einzige, worauf ich immer gucke, ist das Drehbuch und nicht, wo das dann ausgestrahlt wird.

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DEADLINE: Achtest du bei einem Drehbuch eher auf die Geschichte oder auf die Figur, welche du verkörpern sollst?

 

Tom Wlaschiha: Das muss schon alles stimmen. Das Projekt muss interessant klingen, die Geschichte spannend erzählt sein und meine Figur eine Tiefe bieten, wo man einen wirklichen Charakter spielen kann und nicht nur eine schablonenhafte Figur.

 

DEADLINE: Wir erleben derzeit ja einen extremen Boom an Streamingdiensten. Es schießen immer mehr aus dem Boden, 2020 startet auch hierzulande DISNEY+. Wie lange wird dieser Boom so weitergehen und vor allem die enorme Zersplitterung des Marktes anhalten?

 

Tom Wlaschiha: Das ist schwer zu sagen und wird interessant zu sehen sein. Als Schauspieler bin ich erst einmal froh, dass in den letzten Jahren so viele verschiedene Anbieter auf den Markt gekommen sind. Denn dies bedeutet, dass automatisch für alle mehr Arbeit da ist. Ich hoffe natürlich, dass es eine ganz lange Zeit so bleibt. Aber ich weiß natürlich auch nicht, was die Zukunft bringt und ob sich so viele Streamingdienste parallel so lange halten können.

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DEADLINE: Siehst du Filme lieber im Kino oder daheim auf Netflix und Co.?

 

Tom Wlaschiha: Ich gehe schon so oft ich kann ins Kino. Netflix, Sky und Co. nutze ich auch, in der Regel aber eher dann, wenn ich über eine Produktion etwas gelesen habe und mir dann sehr gezielt etwas aussuche. Einfach nur zappen und gucken, was es gerade so gibt, mache ich eigentlich nicht.

 

DEADLINE: Die Mauer ist vor gut 30 Jahren gefallen, und du bist als Kind des Ostens ja direkt danach per Schüleraustausch in die USA gegangen. War das deine Art, dich von der DDR zu befreien, weil du die Zeit dort als eine Art Gefängnis empfunden hast, oder einfach nur typisches Teenagerverhalten?

 

Tom Wlaschiha: Ich hatte in der DDR eine total glückliche Kindheit. Dennoch war da natürlich ganz stark das Gefühl, nie das Land verlassen zu können. Denn auch als Kind hatte ich schon immer die Lust, die Welt kennenzulernen. Deswegen war der Mauerfall für mich ein idealer Zeitpunkt, um die Welt zu entdecken. Dieser Schüleraustausch in Amerika, davon hatte ich gelesen und mich dann einfach beworben.

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DEADLINE: Hast du die Begrenzungen nur in Bezug auf das Reisen wahrgenommen oder auch anderweitig?

 

Tom Wlaschiha: Das war erstmal hauptsächlich auf das Reisen bezogen. Ich hatte ja noch keinen Beruf. Bei vielen Leuten ging es dann auch um verhinderte Aufstiegschancen, wenn man nicht auf der offiziellen Parteilinie lag.

 

DEADLINE: Nach 30 Jahren wird noch immer diskutiert, inwieweit Deutschland zusammengewachsen ist oder auch nicht. Wie ist deine Wahrnehmung?

 

Tom Wlaschiha: Ich würde schon sagen, dass Deutschland zusammengewachsen ist. Der Mauerfall vor 30 Jahren ist das Beste, was Deutschland in vielen, vielen Jahren passiert ist. Dass das natürlich eine ganze Zeit braucht, weil es unterschiedliche Mentalitäten und Biografien gibt, ist klar. Ich habe grundsätzlich aber schon das Gefühl, insbesondere bei der Generation U30, dass es keinen Unterschied mehr macht, ob jemand aus dem Westen oder Osten kommt.

 

DEADLINE: Vielen Dank für das Gespräch!

 

Interview geführt von Heiko Thiele

 

 

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