In der achtteiligen Serie CONSTELLATION spielt Noomi Rapace die Astronautin Jo Ericsson, die nach einem fatalen Zwischenfall im All ihr Leben auf der Erde nicht ganz so vorfindet, wie sie es in Erinnerung hatte. Jonathan Banks spielt in einer Doppelrolle die Brüder Henry und Bud Caldera, mit Fokus auf ersterem. Henry ist ein ehemaliger Astronaut und forscht nun nach bisher unbekannter Materie im Weltraum – von der Erde aus.
Die Schwedin Noomi Rapace hatte ihren Durchbruch als Lisbeth Salander in der Trilogie der Stieg-Larsson-Verfilmungen VERBLENDUNG, VERDAMMNIS und VERGEBUNG. Die brachten sie nach Hollywood und bereits ins All, etwa für Ridley Scott in PROMETHEUS. Etwas weniger monströs, aber nicht weniger mysteriös wird es für sie in CONSTELLATION.
An Jonathan Banks’ markantes und nicht selten fies-überheblich ins Kameralicht gerücktes Äußeres erinnert sich der Kinogänger vor allem durch seine kleinen, aber erinnerungswürdigen Rollen in NUR 48 STUNDEN, GREMLINS und BEVERLY HILLY COP oder BREAKING BAD/BETTER CALL SAUL – selten erntet er dabei übermäßig Sympathiepunkte, was allerdings eben gerade für sein Schauspieltalent spricht. Im zweiten Herbst seiner Karriere ist er schon zu Serienruhm gekommen und will an diesen in CONSTELLATION anknüpfen.
DEADLINE: Noomi, du spielst Jo Ericsson in der Serie CONSTELLATION. Wer ist sie?
Noomi Rapace: Jo ist Astronautin, Mutter und Ehefrau. Wir lernen sie zu Beginn auf der ISS kennen, in der sie sich schon seit einer Weile aufhält. Es gibt einen Zwischenfall, und das Kommando geht auf sie über. Sie schickt die restliche Crew auf die Erde und muss nun zusehen, wie sie selbst dahin zurückgelangt. Sie schafft es zurück, doch zu Hause, bei ihrer Tochter, ihrem Mann, ihrer Arbeit, ist alles eben nur FAST so, wie es vorher war …
Nun muss sie herausfinden, ob sie verrückt ist, eine Verschwörung gegen sie im Gange ist oder welche weiteren Möglichkeiten es noch für die Verschiebung ihrer Wahrnehmung geben könnte.
Ihre Reise, ihre charakterliche Entwicklung ist so komplex und faszinierend, dass ich beim Lesen des Drehbuchs manche Stellen mehrfach für mich wiederholen musste, um die ganze Tragweite der Geschichte und ihre zahlreichen Ebenen zu verinnerlichen. Diese Rolle zu spielen war für mich selbst auch eine Erkenntnisreise, von der ich sehr viel für mich persönlich mitnehmen konnte.
DEADLINE: Jonathan, deine Figur ist über lange Zeit Astronaut gewesen, ein Raumfahrtexperte, der immer noch in diesem Bereich tätig ist. Wie hast du dich mit dem Thema auseinandergesetzt, um Henry beziehungsweise Bud Caldera so glaubhaft spielen zu können?
Jonathan Banks: Ein sehr enger Freund von mir ist Astrophysiker, überhaupt sind die meisten Leute in meinem Freundeskreis intelligenter als ich. (lacht)
Ich habe Astronauten schon immer bewundert. Aber neben ihren unglaublichen Talenten sind sie natürlich auch einfach Menschen wie du und ich, mit den gleichen Gedanken, Wünschen und Problemen wie all jene, die nicht ins All fliegen.
Ich spiele ja eine Doppelrolle, Henry und Bud Caldera. Und Bud hat Töchter. Er ist einer dieser Väter, die sich unaufrichtig entschuldigen, dass sie ihre Töchter nicht abholen können – sie meinen ihre Entschuldigungen gar nicht ernst. Das ist natürlich ein schwachsinniges Verhalten. Ich bin nicht sicher, ob ich ihm das abnehme – ich denke mir selbst meine Geschichten, um zu verstehen, wer die Charaktere sind, die ich spiele. Die Brüder Henry und Bud sind sehr verschieden, aber doch beide recht selbstsüchtig.
DEADLINE: Einige aktuelle Serien lassen sich im Mysterygenre verorten. Weshalb eignet sich dieses Format besonders für solche Geschichten?
Noomi Rapace: Wir haben länger Zeit, uns im Ungewissen zu bewegen, können diese Zwischentöne vertiefen, ohne sofort Zeitdruck zu haben und zum nächsten Handlungselement übergehen zu müssen. Wir müssen nicht auf schnelle Lösungen und überhastete Schlüsse zurückgreifen.
Peter Harness ist der Autor von CONSTELLATION. Er schreibt besonders vielschichtig und detailliert. Wir können seiner Geschichte acht Stunden Zeit zur Umsetzung und dem Zuschauer genauso lange zum Miterleben geben – das ist einfach deutlich mehr als bei einem einzelnen Spielfilm. Die Folgen einer Serie sind wie Wellen eines Ozeans, die immer ineinander übergehen und gemeinsam zu etwas anderem führen. Die ganze Story entstammt seinem Kopf, und ich liebe es, als Schauspielerin in seinem Ozean zu schwimmen.
Interview geführt von Leonhard Elias Lemke
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