Regie: Luc Besson / F/USA 2014 / 90 Min.
Darsteller: Scarlett Johansson, Morgan Freeman, Amr Waked,
Min-sik Choi
Produktion: Virginie Silla
Freigabe: FSK 12
Verleih: Universal
Start: 14.08.2014
Mit der bekannt käsig-bedeutungsschwangeren Musik von Eric Serra, der die 80er-Jahre kreativ nie verlassen hat, beginnt LUCY, der neue Actionthriller von Frankreichs liebstem Kulturexport, Luc Besson, ungewohnt zeitgeistig. Dazu werden prähistorische Tierbilder montiert, die später geschickt metaphorisch in die Handlung eingebaut werden:
Lucy (Scarlett Johansson), eine planlose junge Frau mitten in Taiwan, wird von ihrem neuen Freund Richard (Pilou Asbæk) genötigt, einen mysteriösen Koffer an den noch mysteriöseren Mr. Jang (Min-sik Choi, bekannt aus dem originalen OLDBOY) zu liefern. Doch mit selbigem ist nicht gut Kirschen essen. Er lässt Lucy überwältigen und ihr unter Narkose ein Paket mit einer neuen Droge in die Eingeweide operieren, um dieses sicher schmuggeln zu können. Aber bevor Lucy Taiwan überhaupt verlassen kann, gerät sie anderen Schurken in die Hände, die sie erst mal so misshandeln, dass das Drogenpaket in ihrem Körper leckt und die bewusstseinserweiternde Substanz Lucys Organe schneller durchfährt als französische Zwiebelsuppe. Die Überdosis hat zur Folge, dass sie nach und nach mehr und mehr ihre gesamte Hirnkapazität zu nutzen beginnt und so zu einem unberechenbaren Supermenschen wird, bei dem selbst der renommierte Hirnforscher Professor Norman (Morgan Freeman) an die Grenzen seiner Vorstellung kommt.
Lucys Odyssee ist eine Mischung aus Rachefeldzug und Forschungsreise, wobei die Titelheldin teilweise durch die Handlung wandelt wie Godzilla: eine Kreation menschlichen Größenwahns, mit dem Herz am rechten Fleck, und nur wenige Menschen erkennen ihre wahre Intention. Und natürlich sieht Scarlett Johansson etwas besser aus als die hochhaushohe Kröte.
Das funktioniert über die meiste Zeit dieses kurzweiligen Actionfilms vorzüglich. Die auf den Punkt gebrachte Erzählung wechselt gekonnt zwischen Action und Dialogszenen hin und her, ohne dass je eine Seite davon an Spannung verliert. Und sie bleibt bei allem Tsching-Bumm nahe an den Figuren. Das ist vor allem auch der treffsicheren Arbeit von Bessons Haus- und Hof-Kameramann Thierry Arbogast zu verdanken, der Emotionen ebenso packend festhält wie eine andere französische Spezialität: Autoverfolgungsjagden durch enge Innenstadtviertel.
Lediglich das letzte „Wie“ bleibt der Film schuldig: Dass Lucy durch ihre enorme Gehirnaktivität Sprachen im Nu lernt, scheint noch logisch, warum sie jedoch dadurch Dinge bewegen kann, ohne diese zu berühren, diese Frage beantwortet LUCY nicht wirklich.
Was sich am Beginn von LUCY leicht andeutet und durch geschickte Montage toll in die Handlung eingefügt wird, nämlich dass die „Mission“ von Lucy eine evolutionäre ist, gewinnt gegen Ende etwas zu sehr die Überhand. Manchmal kann man sich dabei des Gefühls nicht erwehren, dass Luc Besson mit seinen Meisterwerken der 80er- und 90er-Jahre alles gesagt hat. Denn am – stark an die letzten Werke Terence Malicks erinnernden – Ende werden sich, ohne dieses auch nur anzudeuten, die Geister scheiden. Dennoch ist und bleibt LUCY unterm Strich ein feinstens gefertigter, cleverer Actionfilm.
(Patrick Winkler)
Don’t mess with Lucy