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Regie: George Miller / Australien, USA 2015 / 120 Min.
Darsteller: Tom Hardy, Charlize Theron, Nicholas Hoult, Hugh Keays-Byrne, Megan Gale, Rosie Huntington-Whiteley, Zoë Kravitz
Produktion: George Miller, Doug Mitchell
Verleih: Warner Bros.
Freigabe: FSK 16
Start: 14.05.2015

 

 

Als Francis Ford Coppolas APOCALYPSE NOW im Jahre 1979 bei den Filmfestspielen von Cannes vorgestellt wurde, konnte man froh sein, dieses Meisterwerk über den Wahnsinn des Krieges überhaupt zu Gesicht zu bekommen. Während der Dreharbeiten wurde nicht nur das komplette Set durch einen Sturm fast vollständig zerstört, Protagonist Martin Sheen erlitt außerdem einen Herzinfarkt, die Produktionskosten verdoppelten sich ebenso wie Schauspielerlegende Marlon Brando, der, übergewichtig und aufgeschwemmt, kaum mehr in der Verfassung war, die Rolle des in der Buchvorlage festgelegten schmächtigen Mannes zu verkörpern. Brando wurde deswegen nur im Halbdunkeln gefilmt, was letztendlich der Intensität der Szenen unglaublich zugutekam. Ähnlich erging es Hollywoods einstigem Wunderkind Steven Spielberg, der in JAWS ebenfalls aus der Not eine Tugend machte und die nahezu funktionsunfähige mechanische Haiattrappe „Bruce“ durch perfide Kamerafahrten und den legendären Soundtrack von John Williams kompensieren musste. Das Ergebnis bei beiden Werken muss man, denke ich, nicht näher beleuchten, denn es sind Meilensteine der Filmgeschichte geworden.

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Was hat dieses Intro nun genau mit MAD MAX: FURY ROAD zu tun? Eine ganze Menge! Dessen Entstehungsgeschichte verweist jene beiden eben erwähnten „Problemprojekte“ locker auf die hinteren Ränge, und man wird das Gefühl nicht los, dass eine höhere Macht einen vierten Teil unbedingt verhindern wollte. Während 1979 also APOCALYPSE NOW seinen Siegeszug startete, kam mit MAD MAX ein kleiner australischer Low-Budget-Endzeitfilm mit einem blutjungen Mel Gibson in die Kinos, den im Filmland Amerika irgendwie keiner sehen wollte. Autor und Regisseur George Miller wollte seinen Debütfilm daraufhin auch gar nicht fortsetzen, tat es 1981 schließlich doch und schuf mit MAD MAX 2 – DER VOLLSTRECKER ein Werk, das weltweit wie eine Bombe einschlug, stilprägend für ein ganzes Genre wurde, massenhaft dilettantische Epigonen nach sich zog und Mel Gibson zur Ikone avancieren ließ. Ein dritter Teil war dementsprechend nur noch Formsache, und so kam MAD MAX 3 – JENSEITS DER DONNERKUPPEL 1985 mit deutlich familientauglicheren Bildern und Tina Turners Superhit WE DON’T NEED ANOTHER HERO in die Kinos. Seitdem warten Fans händeringend auf eine Fortsetzung, die wieder zurück zu den düster-apokalyptischen Wurzeln der Reihe führt.

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1995 wurde eine erste Idee für MAD MAX 4 entworfen, in der Mel Gibson noch als Protagonist vorgesehen war, der dank BRAVEHEART richtig gut im Geschäft war. Als die Finanzierung von 100 Millionen US-Dollar stand, wurden sämtliche Pläne jedoch durch den 11. September torpediert, und die Börse brach zusammen. Nachdem Gibson dann mittlerweile privat nur noch als Teilzeitbekloppter unterwegs ist und antisemitische Äußerungen proklamiert, rammte die Realisierung seines DIE PASSION CHRISTI endgültig den Nagel in den Sargdeckel der Besetzungsliste von MAD MAX und in Hollywood per se. Während George Miller mit seinem Oscar-gekrönten Animationserfolg HAPPY FEET bei Warner Bros. wieder hoch im Kurs stand, wurden ihm parallel dazu auf einmal wieder alle Türen geöffnet, sein Endzeit-Franchise weiterführen zu dürfen. Dieser holte sich inzwischen (2009) mit Tom Hardy (THE DARK KNIGHT RISES) einen neuen Max an Bord und konnte sich zudem die Mitwirkung von Oscar-Preisträgerin Charlize Theron (MONSTER) sichern. Als die Dreharbeiten im australischen Outback dann endlich beginnen sollten, brach da plötzlich der große Regen aus, und die dürre Steppe blühte und gedieh in den prächtigsten, schillerndsten Farben. Für das Setting eines MAD MAX also komplett unbrauchbar. So währte es also 30 Jahre, bis schließlich am Drehort in Namibia endlich alles gut wurde und FURY ROAD in der Tradition von APOCALYPSE NOW und JAWS nach katastrophalen Produktionsbedingungen seinen Platz als Meilenstein in der Filmgeschichte einnehmen wird. George Miller ist hier nämlich ein röhrendes, ölschwitzendes, blei- und blutspuckendes, feuerspeiendes Monster von einem Film gelungen, das Bilder auffährt, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.

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In einer postapokalyptischen Zukunft besteht die Erde nur noch aus Wüstenlandschaft, in der die teils deformierten, kranken Menschen für Wasser und Benzin ihr Leben aufs Spiel setzen. Warlord Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne) hält dort die Zügel in der Hand, verfügt über eine Armee völlig durchgeknallter Schergen, einen Fuhrpark an teuflisch todbringenden Vehikeln und thront auf einem Reservoir aus Wasser- sowie Benzinreserven. Frauen werden lediglich als Brutmaschinen missbraucht, die ihm immer neue Kinder schenken, um seine kolportiert göttliche Macht zu festigen. Inmitten dieser wahnsinnig gewordenen Gesellschaftsstrukturen wird Max Rockantansky (Tom Hardy) gefangen genommen und zur Kühlerfigur eines der martialischen Fahrzeuge umfunktioniert, welches auch gleich Teil einer Verfolgungsjagd wird. Als Imperator Furiosa (Charlize Theron) mit Immortans fünf Ehefrauen (Rosie Huntington-Whiteley, Riley Keough, Zoë Kravitz, Abbey Lee, Courtney Eaton) aus der Zitadelle flieht, um jenseits der Wüste, im sagenumwobenen „Green Land“, ein neues Leben zu beginnen, fährt Joe alles auf, was er hat, um seine „Ware“ wiederzubekommen. Es entbrennt ein Kampf auf Leben und Tod, in dem sich der Einzelgänger Max und die rebellische Furiosa zähneknirschend zusammentun müssen, um gegen den fleischgewordenen Wahnsinn bestehen zu können.

 

Bereits die ersten Sekunden des Films zeigen, wo der Frosch die Locken bzw. die Eidechse ihre zwei Köpfe hat: Unter dem röhrenden Sound wummernder Automotoren vibriert das WB-Logo, und in großen Lettern zittern die Anfangscredits fiebrig auf der pulsierenden Leinwand. Wenn dann die basslastige Stimme von Tom Hardy seine Welt aus „Feuer und Blut“ skizziert, ist man auch schon mittendrin, und die Action fliegt einem nur so um die Ohren. Bereits nach dem ersten Drittel der Laufzeit ist man völlig atemlos in den Sitz gepresst, hat eine Herzfrequenz von knapp 180 und reibt sich mit schweißnassen Händen die adrenalingeschwängerten, pupillenerweiterten Augen. Irritiert darüber, dass sämtliche Szenen der vielen Trailer bereits abgefrühstückt sind, möchte man jetzt schon kaum noch blinzeln und sich am liebsten die Augenlider festtackern.