Seit nunmehr zehn Jahren setzen sich Oliver Kalkofe und Peter Rütten in ihrem Format SchleFaZ (Die schlechtesten Filme aller Zeiten) auf Tele 5 mit allen möglichen Filmen von „schlecht“ bis „so schlecht, dass sie wieder gut sind“, auseinander.
Zum Start der neuen Staffel inklusive der Jubiläumsfolge Nr. 150 hatten wir die Möglichkeit, ein wenig mit Oliver Kalkofe zu quatschen und zu sinnieren.
Was für ihn guten Trash ausmacht und warum das Herz dafür entscheidend ist, verrät das Interview:
DEADLINE: 150 Trashfilme. Eine anständige Zahl. Wie hält man da die Motivation hoch? Da müssen sich ja Muster ergeben?
OLIVER KALKOFE: Das ist richtig, also, die Motivation zu halten … da haben wir uns selber von Anfang an nicht vorstellen können, dass uns das gelingen könnte. Wir haben auch nicht gedacht, dass wir so viele Filme noch finden würden.
Man denkt seltsamerweise, irgendwann kann es doch gar nicht noch mehr Beklopptes geben, weder bescheuerte TV-Sendungen noch vermurkste Filme, da muss man irgendwann ja alles entdeckt haben. Aber nein, ich durfte lernen, dass der Wahnsinn und die Möglichkeiten des Versagens grenzenlos sind. (lacht)
Was uns dabei hilft, immer noch Spaß bei der Geschichte zu haben, ist der Versuch, möglichst für jede neue Folge auch irgendetwas ganz Neues zu entdecken, einen neuen Ansatz, ohne dass wir ein Genre oder eine spezielle Art dabei wiederholen. Deshalb habe ich dann angefangen, wie ein Trüffelschwein im Dreck zu graben und nach DVDs zu suchen.
Ich habe überall recherchiert und nach Tipps gesucht, und wenn man dann in die Katakomben der Geschichte und der Filmgeschichte einsteigt und es irgendwie Klick macht und man sagen kann: „Wow, so was hatten wir noch nicht!“ – das macht den Reiz der Suche aus.
Wir haben zum Beispiel jedes Jahr einen Haifilm. Aber wenn man dann sagen kann: „Hey, einen Hai mit sechs Köpfen oder mit Ralph Möller, den hatten wir noch nicht“ – dann kann man schon stolz sein! (lacht)
D: Also ist es mehr diese, ich nenne sie mal „herzliche Inkompetenz“, die Trashfilme ausmacht?
K: Das ist auch eigentlich unser Punkt! Es gibt ja diese Verleihe wie Asylum, wo du merkst, dass sie nur die Leute „verarschen“ wollen. Viele Sachen aus der Ecke oder von ähnlichen Billigproduzenten, die einfach nur bewusst Leute betrügen, das wollen wir nicht. Das sind nicht die Filme, die uns Freude machen.
Es gibt Ausnahmen wie SHARKNADO oder SHARKTOPUS, da ist die Idee so absurd, dass man sie schon wieder lieben muss, aber grundsätzlich ist es schon wichtig, dass in den Film auch wirklich Herzblut geflossen ist, selbst wenn es nicht funktioniert hat.
Wenn es eben so absichtlich trashig wird und die Merkel dem Adi eine runterhaut, dann ist das einfach zu kalkuliert.
Das Schöne am Trash ist doch, dass er sich Dinge traut, die ein echter erwachsener Film niemals wagen würde. Als Zuschauer muss einem dieser Mut zum Irrsinn Spaß machen können, auch wenn es in die Grütze geht. Aber man sollte erkennen, dass man es wenigstens versucht hat – und genau diese „Fifty Shades of Scheitern“, die wir jedes Mal da wiederfinden müssen, die machen es dann liebenswert. Sie haben alles versucht, haben es am Ende dann leider überhaupt nicht zusammengekriegt. Aber wir versuchen herauszubekommen, warum genau es derart in die Hose ging! (lacht)
D: Was wäre das so?
K: Ein Ed Wood ist das beste Beispiel. Der hat ja diese Trash-Welle unwissend, ungewollt kreiert. Das ist ein super Beispiel, weil du siehst, was da alles dahintersteckt, wenn du anfängst, dich mit dieser Person zu befassen.
Er hat alles mit großer Leidenschaft gemacht, hatte eine wahnsinnige Energie – nur leider absolut kein Talent. Aber das ist dennoch bewundernswert und irgendwie auch schon fast niedlich.
D: Was ich an SchleFaZ immer so schön finde, ist, dass ihr nie nach unten tretet und diesen Trash der Filme auch selbst in euren Einspielern indirekt spiegelt. Ganz nach dem Motto „Wir waren da gerade mal im Fundus und haben ein paar Kostüme gefunden“. Ist dieses Spiegeln so beabsichtigt?
K: Absolut. Einige überseriöse Hardcore-Trashfilmfans sagen ja gerne, dass wir uns über diese Filme lustig machen würden, das stimmt aber so nicht.
Ich glaube eher, dass sie den Trash als Kunstform viel zu ernst nehmen und verkennen, dass dieser in erster Linie einfach Spaß machen soll. Und wir geben diesen Filmen bei uns eine Plattform und ein Rampenlicht, die sie ohne diese Sendung wohl niemals bekommen würden. Selbst wenn man noch so sehr leidet. (lacht)
Egal wie schlecht ein Film ist und wie viel wir darüber spotten, wir müssen diesen Film auch immer irgendwie lieben, selbst wenn es schwerfällt.
Es gab da den Film LASS JUCKEN, KUMPEL, da hätte ich fast gebrochen. Trotzdem musste ich lernen, diesen Film zu umarmen und irgendwie etwas Liebevolles daraus zu machen.
Das ist die Herausforderung und macht im Ergebnis dem Publikum Freude. Wir nehmen einen schlechten Film, den man freiwillig wahrscheinlich nicht noch einmal ansehen würde, und machen eine große Party daraus – mehr Respekt und Wertschätzung geht ja wohl kaum! Und dabei versuchen wir immer, auch in unseren Moderationen die Qualität des Originals zu spiegeln.
D: Auch auf den ersten Film der neuen Staffel bezogen?
K: Ja, da haben wir zum Auftakt 4 FÄUSTE SCHLAGEN WIEDER ZU, ein ganz freches Bud-Spencer-Terence-Hill-Rip-off. Das ist schon sehr dreist, da hat man früher einfach einige Filme mit Lookalikes der beiden gedreht, immer nah an den gerade aktuellen Originalen, nur in ganz schlecht, ganz billig und leider auch sehr lieblos.
Da haben wir uns dann natürlich auch verkleidet und dabei gemerkt, dass wir sogar besser aussehen als die beiden Fake-Darsteller im Film! So konnten wir wenigstens noch ein bisschen Respekt und Liebe für die echten Hill und Spencer für das Publikum bewahren.
D: Hat sich durch dieses häufige Beobachten und Auseinandersetzen dein Verhältnis zum Trashfilm über die Jahre verändert?
K: Auf jeden Fall. Ich versuche inzwischen viel mehr zu verstehen, warum dieser Film jetzt so geworden ist, wie er eben geworden ist. Da spielen ja ungeheuer viele Faktoren mit rein. Ich versuche also nicht, einen Film einfach nur doof zu finden, sondern befasse mich da vielmehr mit dem Prozess. Also frage ich mich, warum das jetzt alles so in die Hose geht. Irgendwer hat sich da ja immer viel Mühe gegeben. Wenn ich aus dem Kino gehe, versuche ich es immer zu vermeiden, einen Film einfach nur scheiße zu finden. Es geht dabei um viel mehr, was das Ganze ja so interessant und liebenswert macht.
D: Auch aktuell im Kino?
K: Ja, auch, aber hier gibt es ja immer wieder diese Enttäuschungen. Ich bin großer JURASSIC PARK-Fan und mochte auch den ersten JURASSIC WORLD sehr gerne.
Aus dem allerneuesten (JURASSIC WORLD: DOMINION) bin ich dann aber ziemlich enttäuscht rausgegangen. Also nicht alles totaler Mist, aber bei so viel Talent dahinter ist das schon erstaunlich.
D: Stichwort Heuschrecken?
K: Ja, genau. Auch wenn man da zu den großen Netflix-Produktionen schaut, wo man sieht: Eigentlich ist ja alles da! Und trotzdem hat das Ganze nicht geklappt. Da sind dann das Herz und die Spielfreude irgendwie verloren gegangen, obwohl ja so viel Budget und Talent in dem Ganzen stecken. Und genau das macht dann auch unser Format aus.
D: Wo wir gerade von Dinos sprechen, eure 150. Folge befasst sich ja mit dem Film TAMMY AND THE T-REX …
K: Das ist ja genau so ein Fall. Da hatte jemand eine absolut bescheuerte Idee und hat versucht, diese umzusetzen. Und für unsere 150. Folge musste es dann ja auch etwas ganz Besonderes sein. Sozusagen die Kirsche auf der Sahne auf dem Eisbecher! (lacht) Es ist dann auch nicht immer leicht, an die Rechte heranzukommen, man verirrt sich gerne mal in irgendwelchen Rechtepaketen und was weiß ich. Da wartet man dann auch gut und gerne mehrere Jahre darauf, dass die Rechte für diesen oder jenen Film frei werden, und das war bei TAMMY eben auch der Fall.
Die Geschichte hinter dem Film ist aber auch großartig. Ein Kinoketten-Besitzer hatte kurz Zugriff auf einen mechanischen Drei-Meter-Dino, also sagte er einem befreundeten Regisseur: Du hast vier Wochen und kannst für eine den Dino haben, mach mir ’nen coolen Film daraus. Und das hat er gemacht und sogar mit zwei späteren Superstars besetzt, nämlich Paul Walker und Denise Richards. Dazu eine ganze Menge handgemachter Splattereffekte, schnell und billig gedreht, aber man merkt, dass alle irgendwie Spaß an dem Irrsinn hatten. Hochgradig absurd und daher ein würdiger Jubiläumskandidat.
D: Wer von uns würde wohl in ein paar Wochen ein gutes Drehbuch hinkriegen?
K: Eben. Aber der Regisseur war ein Profi und hat einfach das Beste aus den geringen Möglichkeiten gemacht, weshalb man diesem Film nicht böse sein kann. Und schließlich kommt man auf die Idee zu sagen: „Gut, der Robo-Dino kann sich halt nicht so bewegen wie ein echter, dann denken wir uns eben die Story aus, dass ein Menschengehirn in den Dino gepflanzt wird.“
D: Oberste Regel im Theater und Film: Einfach behaupten!
K: So funktioniert es. Du musst einfach manche Sachen behaupten. SHARKNADO ist da ja auch so ein gutes Beispiel. Da wird einfach behauptet, dass da jetzt eben Haie in diesen Tornados sind, und fertig. Mehr braucht es dann ja auch ganz oft nicht.
D: Gibt es bei euch zu jeder Staffel ein Motto?
K: Nein, nicht wirklich. Es ist eher so, dass wir da am Ende draufschauen und plötzlich einen roten Faden erkennen, aber ein Motto an sich gibt es nicht. Wir versuchen einfach, jede Staffel so bunt wie möglich zu machen.
D: Hängt also auch mit den Rechten an den Filmen zusammen?
K: Oh ja! Da gibt es Filme, denen rennst du Jahre hinterher, schreibst ständig hin und her, und dann klappt es ganz plötzlich. Da hat sich dann irgendwas im Hintergrund mit den Rechtepaketen verändert, und plötzlich ist das alles kein Problem mehr! (lacht) Aber oft ist es so, dass dann bei so einem Trashfilm eben noch große Marken mit dranhängen. Wenn du also TAMMY willst, musst du noch die Rechte zu BATMAN und SUPERMAN mit dazukaufen. Und dann wird es eben ziemlich tricky. Vor allem, weil wir ja nur den Bodensatz des Topfes haben wollen, an dem leckeren Inhalt sind wir ja gar nicht interessiert!
D: Das Eintopfprinzip?
K: Sozusagen ja. Wir gehen auf den Schrottplatz und sagen, dass wir einfach nur diese ekelhaften Ecken aus der Restmülltonne haben wollen. Ab und zu werden gewisse Trashfilme auch aktiv an uns herangetragen. Da sind dann natürlich hier und da auch Perlen dabei, oft sind es aber nur die üblichen Trash-Sachen, die man schon x-fach gesehen hat.
D: Welchen Trash magst du am liebsten? Also schlechte Effekte oder furchtbare Dialogbücher?
K: Am wichtigsten ist für mich immer, dass der Film eine möglichst bizarre Grundidee hat und du merkst, dass ein Haufen kreativer Irrer versucht hat, die unbedingt umzusetzen, egal ob sie es nun konnten oder nicht. Aber man muss diesen Mut der Verzweiflung erkennen. Aber es darf nicht nur langweilig sein oder Täuschung mit billigen Füllern, nur weil du kein Budget mehr hattest.
Da ist es mir lieber, wenn ein Autor minutenlang mit einer bewegungslosen Gummischlange kämpft, als wenn da in 20 Minuten in einem Hinterzimmer irgendein Murks gedreht wird, mit billigen Computereffekten. Es darf ruhig den Charme von gehobenem Schülertheater haben, Hauptsache, es macht Spaß.
D: So, genug über Trash geredet. Was ist denn das Beste, das du in letzter Zeit gesehen hast?
K: Ich habe so viel Trash gesehen, dass ich das nicht mehr wirklich weiß.
Aber es liegt auch daran, dass es meiner Empfindung nach diese echten geilen Kino-Erlebnisse immer seltener gibt, die dich richtig emotional berühren. Bei SCREAM 1 und 5 war ich beispielsweise wirklich gefesselt, bin gespannt, wie der neue Teil wird. Aber immer öfter lassen mich die Filme, je größer und fantastischer sie werden, einfach nur kalt. Da hab ich viel mehr Spaß an kleinen Entdeckungen wie zum Beispiel OLD HENRY, ein klassischer Western, aber mit vielen guten Twists und Ideen, klein, aber wirkungsvoll.
D: Im Blockbusterbereich nicht?
K: Ich bin ein großer Comicfan und auch Fan der meisten Marvel- oder DC-Filme. Und bei INFINITY WAR und ENDGAME habe ich wirklich emotional mitgefiebert und war begeistert. Aber in letzter Zeit wird es mir einfach zu groß, zu viel und zu belanglos, die letzten zwei hab ich noch nicht mal im Kino gesehen. Zum Beispiel der zweite DR. STRANGE – toll gemacht, aber er hat mich nicht mehr packen können, die Größe hat da nur geschadet. Aber der letzte SUICIDE SQUAD oder auch die Serie PEACEMAKER haben mir dann wieder richtig Spaß gemacht, weil da viel Selbstironie und Humor dabei waren, aber auch eine Menge Gefühle, die ich nachvollziehen konnte. Und dann bin ich auch mit voller Begeisterung dabei, denn ich mag ja auch schöne Filme – nicht nur schlechte! Daher machen wir neben SchleFaZ ja auch KulFaZ, die kultigsten Filme aller Zeiten, um ebenda auch coole Filme feiern zu können. Aber das ist das Schöne, was ich bei unserer Arbeit lernen durfte: Film ist geil und macht Spaß, egal ob gut oder schlecht. Nur Herz und Begeisterung müssen dabei sein!
D: Vielen Dank für das Interview.
Interview geführt von Simon Greichgauer
Das sind die vier SchleFaZe der Frühjahrsstaffel 2023:
Freitag, 7. April | Carambola – Vier Fäuste schlagen wieder zu
Oliver Kalkofe: “Die Bud Spencer/Terence Hill-Streifen waren in den 70ern derart erfolgreich, dass man zwischen den Veröffentlichungen als Prügel-Pausensnack einfach billige Kackfilm-Kopien mit Lookalikes machte, die den beiden von weitem auf dem Plakat halbwegs ähnlich sahen. Als große Hill-Spencer-Fans freuen wir uns, wenigstens eine dieser granatenmäßig vergeigten Dubletten-Gurken gefunden zu haben, denn näher werden wir unseren echten Helden bei SchleFaZ sonst wohl niemals kommen!”
Freitag, 14. April | #SchleFaZ150 | Tammy & The T-Rex
Oliver Kalkofe: “Unglaublich – schon die 150. Folge SchleFaZ! Das muss man natürlich mit einem ganz besonderen Shitfilm-Knaller feiern, auch wenn die Story ziemlich bekannt klingt: High-School-Girl liebt Boy, ihr eifersüchtiger Ex versucht ihn umzubringen, ein verrückter Wissenschaftler schraubt ihm das Hirn raus und pflanzt es in einen elektronischen 3-Meter-T-Rex, der Robo-Saurier geht los um alle umzubringen… hat man schon tausendmal gehört. Oder auch nicht. Auf jeden Fall ein bombastisch-abgedrehter Splatter-Spaß mit Denise Richards und Paul Walker in der deutschen Uncut-Erstaufführung – ein würdiger SchleFaZ zum Fest!”
Freitag, 21. Apri | Megaforce
Peter Rütten: “Ein Military-Science-Fiction-Film von 1982, ohne Tote und nachvollziehbare Science-Fiction, der maßgeblich von dem Spielzeughersteller Mattel produziert wurde, der darüber hinaus auch für die Story und die Kostümentwürfe verantwortlich zeichnete – das sind mehr als überzeugende Eckdaten für einen SchleFaZ. Regisseur Hal Needham sagte zu ‘Megaforce’: ‘Er ist wie kein anderer Film, der jemals zuvor gedreht wurde. Wir haben versucht, einen möglichst unterhaltsamen Film mit einigen glaubwürdigen Helden zu machen, die das Publikum anfeuern kann.’ Dem muss man wohl nichts mehr hinzufügen.”
Freitag, 28. April | Bierfest
Peter Rütten: “Gibt es etwas Schöneres, als in launiger Runde – oder auch launig allein zu Haus – einen aufgedrehten Party-Funfilm über ein internationales Hochleistungs-Saufturnier unter deutscher Schirmherrschaft zu schauen? Mit Sicherheit, aber SchleFaZ ist ja bekanntlich kein Wunschkonzert, und „Bierfest“ setzt sich qualitativ von herkömmlichen Debilkomödien alleine deshalb ab, als dass sich, sage und schreibe, VIER ganz reale OSCAR-PREISTRÄGER im Cast die Ehre geben! Und nein, ein Ralf Möller ist damit nicht mal gemeint! Fest versprochen!”
(c) Fotos Theo Späthe