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POSSESSION

POSSESSION

Regie: Andrzej Žuławski/ F,D 1981/ 123 Min.

Besetzung: Isabelle Adjani, Sam Neill, Heinz Bennent, Johanna Hofer, Margit Carstensen

Produktion: Marie-Laure Reyre

Freigabe: FSK 16

Verleih: Drop-Out Cinema/ Camera Obscura

Start: 13.03.2025

Es gibt nur wenige Regisseure, die ihre Filme „Bastarde“ nennen würden, doch Andrzej Žuławski nutzte genau diesen Begriff, als es um das Medium an sich ging. Um direkt klarzustellen, was er damit meint, erklärte er, dass Film sich schon immer bei Künsten wie der Malerei, der Fotografie oder der Literatur bedient habe und daher per Definition eine Mischform verschiedener Einflüsse sei. All diese Künste sauber voneinander zu trennen, sei im Grunde einfältig, denn sobald man an solchen Grenzen festhalte, reduziere man auch, was Film (wie auch jede andere Kunstform) eigentlich sein kann. Der „Bastard“ ist somit gar nicht einmal so negativ gewichtet, denn laut Žuławski kann er überraschen, provozieren, vor den Kopf stoßen, verletzen oder eben erfreuen, nur kaltlassen sollte er seinen Zuschauer nicht.

 

Diese Definition gilt für alle Filme des polnischen Filmemachers, angefangen bei seinem beachtlichen EIN DRITTEL DER NACHT bis hin zu seinem letzten Werk COSMOS. Seinem vierten Film, der deutsch-französischen Koproduktion POSSESSION von 1981, gebührt jedoch ein besonderer Platz innerhalb seiner Filmografie, denn kaum ein anderes seiner Werke hat nach wie vor einen solchen Einfluss, sowohl auf das Publikum wie auch auf die vielen Regisseure, die POSSESSION zu ihren Lieblingsfilmen zählen. 2025 ist für Cineasten daher ein wichtiges Jahr, denn nicht nur steht uns vom Label Camera Obscura eine Veröffentlichung von Žuławskis DER SILBERNE PLANET, DIABEL und EIN DRITTEL DER NACHT ins Haus, sondern in Zusammenarbeit mit Drop-Out Cinema kommt POSSESSION am 13. März 2025 noch einmal erstmal in deutsche Synchronisation in die Kinos, aufwändig in 4k restauriert.

 

 

Nach einer wichtigen Mission kehrt der Spion Mark (Sam Neill) zurück nach West-Berlin zu seiner Frau Anna (Isabella Adjani). Was er sich eigentlich als eine erfreuliche Rückkehr vorgestellt hatte, wird schnell zu einem wahren Albtraum, denn Anna hatte in seiner Abwesenheit eine Affäre und will nun die Scheidung. In der Folge kommt es zu mehreren heftigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden, bei denen nicht nur die Inneneinrichtung der gemeinsamen Wohnung in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch ihr Sohn Bob vernachlässigt wird. Eines Tages beschließt Mark, Annas Liebhaber Heinrich (Heinz Bennent) zur Rede zu stellen, doch zu seiner Verwunderung vermisst auch er sie und beginnt sich langsam Sorgen zu machen, was mit ihr ist. Schließlich beauftragt Mark einen Detektiv damit, Anna zu ihrem neuen Liebhaber zu folgen, doch als dieser auf einmal vermisst wird, wird Mark mit der Wahrheit über die lange Abwesenheit seiner Frau konfrontiert, ebenso mit dem Grund, warum sie sich von ihm distanziert hat.

 

Innerhalb des Einheitsbreis, der dem Zuschauer in vielen Kinos derzeit geboten wird, ist ein Film wie POSSESSION ein Ausflug in eine Zeit, in der man dem Publikum noch etwas zumuten durfte, im positiven Sinne. Žuławskis Film ist wahrer „Bastard“, um ihn mit seinen eigenen Worten zu beschreiben, und kann sowohl als Body-Horror gesehen werden wie auch politisches Drama oder eben Beziehungsdrama. Die Berliner Mauer wird immer wieder zum zentralen Element einer aus den Fugen geratenen Welt, in der keine Regeln mehr gelten, in der keiner den anderen wirklich kennt und in der jeder Versuch, eine solche Grenze zu überwinden, sogleich bestraft wird. Die Mauerschützen, die argwöhnisch über die Grenze blicken und mehr als einmal den Zuschauer direkt anzublicken scheinen, erinnern uns an die omnipräsente Anspannung und Gewalt, die sich jederzeit entladen können. Eine Öffentlichkeit gibt es in diesem Sinne nicht mehr, denn jeder wird beobachtet und weiß sich, wie die Bewohner Ozeaniens in George Orwells 1984, hinter einer Fassade der Emotionslosigkeit zu verstecken, ähnlich den ewig grauen Häuserfassaden, die Kameramann Bruno Nuytten einfängt und die, wie das Bild der Mauer, den visuell-emotionalen Grundton von POSSESSION treffend darlegen.

Diese Phase der Entzweiung, Gewalt und Anspannung blieb nicht ohne Spuren, was man an den Eheleuten Mark und Anna erkennen kann. Bereits wenige Minuten nach Marks Rückkehr kommt es zu einer ersten Konfrontation, die in Geschrei und Gewalt endet, auch gegen sich selbst. Neben dem Grau der Fassaden und der Mauer ist das Rot des Blutes der zweite Grundton der visuellen Palette in POSSESSION. Žuławski ermöglicht seinem Zuschauer einen Blick hinter die Fassade in die dunklen Winkel der Psyche, in der nicht nur Leichen versteckt sind, sondern wahrlich Monströses. Neills und vor allem Adjanis theatralisch-expressives Spiel ist Ausdruck der wachsenden Verzweiflung, eine Grenze zum jeweils anderen zu überwinden, etwas mitzuteilen, für das es keinerlei Worte gibt, und am Ende noch etwas von dem zu bewahren, was einen menschlich macht. Der Kampf um die Beziehung wird in POSSESSION abgelöst vom Kampf um die Seele eines Menschen, was in einem Zug bitterer Ironie zur Kreation eines Monsters wird. Die viel zitierte U-Bahn-Szene wird zum Ausgangspunkt dieser Kreation, ein Akt absoluter Gewalt, der provoziert und betroffen macht.

POSSESSION ist ein wichtiger Film für Regisseur Andrzej Žuławski und ein Erlebnis für das Publikum. Der Film zeigt verstörend eindrucksvoll eine Welt der Grenzen, in der die Kommunikation nicht mehr möglich ist und die Figuren noch um das kämpfen, was das brutale System um sie herum ihnen gelassen hat. Es ist keine Zeit vorm Nervenzusammenbruch, die Žuławski zeigt, denn diesen sehen wir als Zuschauer in jeder Szene vor uns. POSSESSION ist nicht nur ein Film, der sich etwas traut, sondern einer, der seinem Publikum etwas zumutet. Ein richtiger „Bastard“ eben. (Rouven Linnarz)

 

Wertung: Ein Film, der seinen Zuschauer ohne Worte und beeindruckt zurücklässt.

 

 

Hier die aktuellen Spielstätten. Updates gibt es hier!

Aachen, Apollo (13.03.2025-19.03.2025)
Bamberg, Lichtspiel (in Planung)
Berlin, Kino in der Brotfabrik (13.03.2025-19.03.2025)
Berlin, Sputnik-Kino (13.03.2025-19.03.2025)
Berlin, Xenon KIno (13.03.2025-19.03.2025)
Berlin, b!ware Ladenkino (13.03.2025-19.03.2025)
Berlin, Lichtblick (13.03.2025-19.03.2025)
Berlin, Filmrauschpalast (13.03.2025-19.03.2025)
Berlin, Z-inema (18.03.2025)
Bremen, Cinema im Ostertor (Weird Xperience) (13.04.2025)
Hamburg, B-Movie (15.03.2025)
Hamburg, B-Movie (23.03.2025)
Hannover, Kommunales Kino (04.04.2025)
Hannover, Kommunales Kino (11.04.2025)
Karlsruhe, Kinemathek (14.03.2025-29.03.2025)
Kassel, Kiezkino im Film-Shop (13.03.2025-15.03.2025)
Kiel, STUDIO Filmtheater (Mondo Grindhouse) (29.03.2025)
Köln, Lichtspiele Kalk (14.03.2025)
Leipzig, Luru-Kino in der Spinnerei (14.03.2025)
München, City Kinos (Creepy Crypt) (01.03.2025)
München, Werkstattkino (13.03.2025-19.03.2025)
München, Monopol (13.03.2025-19.03.2025)
Münster, Cinema (in Planung)
Nürnberg, Cinecitta (13.03.2025-19.03.2025)
Nürnberg, kommkino (26.03.2025)
Nürnberg, kommkino (16.04.2025)
Regensburg, Filmgalerie im Leeren Beutel (31.03.2025-02.04.2025)
Saarbrücken, achteinhalb (16.05.2025)
Schwäbisch Hall, Kino im Schafstall (12.04.2025-13.04.2025)
Wien (A), Votivkino (20.04.2025)

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