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SCOTT DERRICKSON IM INTERVIEW ZU BLACK PHONE 2 + REVIEW!

Regie: Scott Derrickson / USA 2025 / 114 Min.
Besetzung: Mason Thames, Madeleine McGraw, Ethan Hawke, Demian Bichir, Jeremy Davies, Arianna Rivas
Produktion: Jason Blum
Freigabe: FSK 16
Vertrieb: Universal Pictures
Start: 23.10.2025

Ob DER EXORZISMUS VON EMILY ROSE, SINISTER (hier im Interview), ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN (hier im Interview) oder THE BLACK PHONE (hier im Interview), als Horrorregisseur ist Scott Derrickson ein Meister seines Fachs. Nicht umsonst haben wir ihn im Laufe der Jahre nun viermal interviewen können. Nun kommt BLACK PHONE 2, die Fortsetzung des 2021er-Überraschungshits, ins Kino, und im exklusiven erneuten Interview mit der DEADLINE spricht der Regisseur über Ethan Hawkes Einfluss auf den Film, darüber, ob BLACK PHONE-Filme auch ohne den Greifer vorstellbar sind und inwieweit seine Fortsetzung von den Horrorklassikern der 1970er- und 1980er-Jahre beeinflusst wurde.

DEADLINE: Wie schwer war es, eine gute und logische Erklärung dafür zu finden, dass der Greifer wieder zurück ist?

Scott Derrickson: Es gab mehrere Dinge, die mich dazu motiviert haben, BLACK PHONE 2 zu drehen. Den Greifer unbedingt zurückbringen zu wollen, gehörte nicht dazu. Am Anfang dachte ich mal daran, aus der Fortsetzung einen reinen Highschool-Film zu drehen, die beiden jungen Protagonisten deutlich älter zu machen und auch das Setting zu ändern. Letztlich wurde es nun diese Origin-Story, aber nicht auf psychologischer Ebene, wo wir genau studieren, weshalb der Greifer vom friedlichen Kind irgendwann erstmals zum brutalen Mörder wird. Es geht eher darum, zu gucken, was ganz konkret geschah, als es für den Greifer mit dem Ermorden von Kindern losging. Das wurde dann unser Ausgangspunkt beim Schreiben des Drehbuchs.

(from left) Gwen (Madeleine McGraw) and The Grabber (Ethan Hawke) in Black Phone 2, directed by Scott Derrickson.

DEADLINE: Was war deine Intention dahinter, BLACK PHONE 2 deutlich blutiger und gewalttätiger als den ersten Teil anzulegen?

Derrickson: Das kam schlicht und ergreifend daher, dass das ein Highschool-Horrorfilm ist. Wenn ich an THE BLACK PHONE denke, ist das für mich in erster Linie viel mehr ein übernatürlicher Thriller als ein Horrorstreifen. Jetzt, wo wir uns in Richtung Highschool bewegen, musste die Fortsetzung einfach ein Horrorfilm werden. Die Kinder sind älter geworden, genauso wie die Zuschauer, die den ersten Teil lieb gewonnen haben. Deshalb war für mich der Ruf danach sehr stark, die Fortsetzung blutiger, gewalttätiger und gruseliger werden zu lassen.

DEADLINE: Wie sehr ist BLACK PHONE 2 von den Horrorklassikern der 1970er- und 1980er-Jahre inspiriert worden?

Derrickson: Es war keine bewusste Entscheidung, den Film in diese Richtung zu orientieren. Vielmehr hat sich dies im Laufe des Schreibprozesses einfach so ergeben. An einem bestimmten Zeitpunkt des Schreibens dachte ich zum Beispiel: „Oh, jetzt befinden wir uns auf NIGHTMARE – MÖRDERISCHE TRÄUME-Gebiet.“ Das machte mir aber nichts aus. Vielmehr war es aufregend, dies festzustellen. Unser Film spielt im Jahr 1982, und auch im Film selbst wird über die Filme der damaligen Zeit gesprochen, darunter THE SHINING, FREITAG DER 13., HALLOWEEN und all die Camp-Slasher. Da liefen echt so einige Camp-Killer herum. Das fand ich ziemlich interessant, als wir feststellten, dass wir mit unserem Film auf deren Schultern stehen, dieser grandiosen goldenen Ära des Horrorfilms. Unser Ziel und unsere Herausforderung war es dann, zu schauen, was wir anders machen, damit BLACK PHONE 2 am Ende nicht nur ein billiger Abklatsch der damaligen Werke ist. Ein paar wenige Motive haben wir fast eins zu eins aus anderen Filmen übernommen. Die Art, wie der Greifer über das Eis skatet, stammt zum Beispiel aus CURTAINS. Und dann gibt es noch ein, zwei Shots, die wir aus NIGHTMARE – MÖRDERISCHE TRÄUME übernommen haben. Darüber hinaus habe ich aber versucht, einen Film zu machen, der sich sehr einzigartig anfühlt und nicht wie eine Kopie von früher.

(from left) Finn (Mason Thames) and The Grabber (Ethan Hawke) in Black Phone 2, written and directed by Scott Derrickson.

DEADLINE: Wenn du von Einzigartigkeit sprichst: Wie hast du sichergestellt, dass trotz dieser Neuerungen die spezielle, grandiose Atmosphäre aus THE BLACK PHONE nicht verloren geht?

Derrickson: Die Entscheidung, BLACK PHONE 2 in ein Feriencamp in den Bergen zu verlegen, war der Anfang davon, dies zu erreichen. Als Teenager ging ich in solche Camps, und die Gewalt des Wetters ist verdammt real, sehr kraftvoll und sehr gefährlich. Ich wollte das Gefühl etablieren, dass man dort nicht nur in einer kleinen Schlecht-Wetter-Falle steckt, sondern dieses wirklich gefährlich ist. Und dadurch, dass wir Super-8-Kameras für die Träume genutzt haben, wurde dies ein Werkzeug des Geschichtenerzählens. Auch, um die Träume von der restlichen digitalen Realität des Films abzutrennen. Es war auch genau das Richtige, einen Look zu kreieren, den man so vorher noch nie gesehen hat. Zumindest habe ich noch nie so viel reines Super-8-Material in anderen Filmen gesehen.

(from left) The Grabber (Ethan Hawke) and Gwen (Madeleine McGraw) in Black Phone 2, directed by Scott Derrickson.

DEADLINE: Wie viele der Effekte waren handgemacht und wie viele digitale visuelle Effekte?

Derrickson: Wir haben nur wenige digitale visuelle Effekte in unserem Film, die eine große Relevanz haben. Der See am Ende ist ein solches Beispiel. Dieser wurde einem echten See in den Rocky Mountains nachempfunden, der Dream Lake heißt. Die Proportionen dieses Sees haben wir auf einer Bühne nachgebaut. Wir hatten echte Bäume, die das umsäumt haben. Wir hatten echte Sets rund um den See herum. Und für die Berge, die wir im Hintergrund sehen, haben wir echtes Material geschossen, als wir in Colorado waren. Die visuellen Effekte wurden hier also dazu genutzt, all diese Einzelteile zusammenzufügen, die jedoch einzeln für sich als echtes Material aufgenommen wurden. Du siehst in BLACK PHONE 2 nichts, das lediglich per CGI hergestellt wurde.

DEADLINE: Du hattest ja schon von deinen Ideen für BLACK PHONE 2 gesprochen. Wäre auch ein BLACK PHONE-Film ohne den Greifer vorstellbar?

Derrickson: Ich habe noch nicht über einen dritten Film nachgedacht. Als ich den ersten gemacht hab, dachte ich auch nicht automatisch über einen weiteren möglichen Teil nach und fühlte mich auch nicht dazu verpflichtet. Es ist wichtig, sich auf einen Film gleichzeitig zu konzentrieren und nicht zu weit im Voraus zu denken. Ich habe gerade erst BLACK PHONE 2 abgeschlossen, und es ist auch wichtig, jeden Film so anzugehen und zu drehen, als wäre es der Abschluss. Insofern habe ich überhaupt keine Vorstellung davon, was in einem möglichen Sequel passieren könnte.

Demián Bichir as Mando in Black Phone 2, directed by Scott Derrickson.

DEADLINE: Ein wichtiger Teil des Films ist natürlich die Frage, wie Finney mit seinen Traumata klarkommt. Inwieweit wurde das Schreiben seiner Geschichte von deinen persönlich erlebten Traumata beeinflusst?

Derrickson: Mit traumatischen Erlebnissen klarzukommen, war ein großer Teil meines Lebens, gerade in meinen jungen Jahren. Insofern kann ich Finneys Situation gut nachfühlen. Die Angst, die man durch diese emotionalen Verletzungen entwickelt, manifestiert sich dann oft auch in anderen Situationen und verwandelt sich zum Beispiel in Wut.

DEADLINE: Ethan Hawke hat in BLACK PHONE 2 erneut eine genial starke Performance hingelegt. Was konnte er bei seiner Figur ergänzen, was nicht schon im Drehbuch stand?

Derrickson: Seine Eloquenz. Es gibt etwas ganz Besonderes bei Ethan Hawke in der Art, wie er versteht, wer der Greifer eigentlich ist. Aber auch sein Verständnis dafür, was die Maske für den Film bedeutet und welche Konsequenzen sie für ihn persönlich hat, macht Ethan so besonders. In jedem Horrorfilm – egal ob es Freddy, Jason, Ghostface, Michael Myers oder jemand anderes ist – hat die Maske großen Einfluss. Sie allein ist schon gruselig. Was bei dem Greifer und Ethan Hawke jedoch anders ist, ist, wie viel er redet. Der Greifer ist recht gesprächig und sehr redegewandt. Worte sind seine Waffen, und sie foltern. Er spricht, um Angst und Verzweiflung in seinen Opfern zu säen, bevor er dann sogar noch Schlimmeres anstellt. Ethan verstand, dass ihm die Maske bereits einige Arbeit abnimmt und sie ihm daher erlaubt, die Worte, die ich ihm geschrieben habe, auf sehr einzigartige Weise zu nutzen. Sowohl in THE BLACK PHONE als auch in BLACK PHONE 2 war ich immer wieder sehr überrascht, wie er bestimmte Dinge rüberbrachte. Manchmal agierte er viel leiser, manchmal viel lauter, als ich es zuvor erwartet hatte. Er ließ sich von seinem Instinkt führen, der sich immer als richtig erwies. Ich musste ihm daher auch nicht viel an Richtung in seinem Spiel vorgeben.

(from left) Ethan Hawke and director Scott Derrickson on the set of Black Phone 2.

DEADLINE: Du hast mal gesagt, dass Ethan Hawke eine der besten und besondersten Stimmen auf der Welt habe. Was macht diese so besonders?

Derrickson: Ethans Stimme ist unverwechselbar. Wenn du sie im Radio oder in der Werbung hörst, weißt du sofort, wer da spricht. Das ist etwas, was man nicht über jeden Schauspieler oder über jede Schauspielerin sagen kann. Außerdem hat er eine auffällig dynamische Range in seiner Stimme. Er kann Dinge mit extrem hoher Stimme und leichter Stimme rüberbringen, er kann aber auch äußerst tief und mit voller Kraft sprechen. Und alles dazwischen auch. Das ist ebenfalls eine Qualität, die nicht jede Person hat, dass sie mit ihrer Stimme so fluid arbeiten kann. Ethan nutzt die natürliche Range seiner Stimme auch in seiner alltäglichen Sprache. Er ist einfach eine sehr verbale Person. Ich bin jedes Mal ganz entrückt, wie er jedes einzelne Wort ganz spezifisch artikuliert und dadurch zudem Emotionen ausdrückt. Das ist eine ganz große Stärke von ihm, und davon bringt er sehr viel beim Greifer ein. Niemand hört sich wie Ethan Hawke an, und ich glaube nicht, dass sehr viele Schauspieler den Greifer so interessant wie Ethan gestalten könnten, wenn sie wie er fast die ganze Zeit hinter einer Maske versteckt sind.

DEADLINE: Vielen Dank für das Interview!

Interview geführt von Heiko Thiele

BLACK PHONE-REVIEW

Der Greifer (Ethan Hawke) ist tot, es lebe der Greifer! Nach dem Tod seines Peinigers hat Finney (Mason Thames) auch Jahre später noch immer mit den Dämonen seiner Vergangenheit zu kämpfen, macht aber immer weiter Fortschritte. Als eines Tages das Telefon klingelt und das Monster wieder zu hören ist, wird der vergangen geglaubte Albtraum jedoch erneut zur Realität. Allerdings hat der Greifer nun nicht mehr nur Finney im Visier, sondern auch dessen 15-jährige Schwester Gwenn (Madeleine McGraw). Diese sieht alsbald nicht mehr nur den Serienmörder in ihren Träumen, sondern auch drei unbekannte Jungen, die in einem Wintersportort von etwas Gruseligem verfolgt werden. Finney und Gwenn wollen dies nicht so hinnehmen und fahren deshalb an den Ort aus den Träumen, um dem persönlichen Schrecken endlich ein endgültiges Ende zu setzen.

Mason Thames as Finn in Black Phone 2, directed by Scott Derrickson.

Im Jahr 2021 war die freie Adaption von Joe Hills gleichnamiger Kurzgeschichte THE BLACK PHONE ein weltweiter Überraschungserfolg. Es war deshalb gefühlt nur eine Frage der Zeit, bis ein zweiter Teil folgen würde. Nun ist es also so weit, und abermals schwenkt Scott Derrickson sowohl als Drehbuchautor wie auch als Regisseur das Zepter. Auch der Maincast aus dem ersten Teil ist wieder mit dabei. Also einfach weitermachen wie bisher und auf dem Erfolgskonzept vom ersten Teil ausruhen? Nicht mit Scott Derrickson. Na gut, natürlich wird nicht alles komplett auf links gedreht. So ist auch BLACK PHONE 2 eine grandios einnehmende atmosphärische Inszenierung, in welcher Sound, Kamera und Setting in einem solch gelungenen Einklang miteinander stehen, dass einem beispielsweise auch dann mal vor Unbehagen und/oder Schreck das Herz in die Hose rutscht, wenn der Wind Schnee zwischen den Bäumen hindurchweht. Schauspielerisch kann qualitativ ebenfalls an den ersten Teil angeknüpft werden, da Ethan Hawke (TRAINING DAY) seine Performance noch einmal verfeinert und dadurch spätestens mit diesem Film den Greifer zu einer Kulthorrorfigur werden lässt wie Freddy Krueger und Jason X – was uns zum nächsten Punkt führt.

(from left) Mustang (Arianna Rivas), Gwen (Madeleine McGraw) and Finn (Mason Thames) in Black Phone 2, directed by Scott Derrickson.

Sosehr BLACK PHONE 2 in vielen Bereichen für Kontinuität im Vergleich zu Teil eins sorgt, insbesondere in einem Punkt unterscheiden sich die beiden Werke dann doch deutlich. Derrickson sagt es im Interview mit uns selbst: Während der erste Teil als Serienkiller-Thriller angelegt ist, bei dem sich der Horror überwiegend im Kopf abspielt, ist BLACK PHONE 2 deutlich gewalttätiger und blutiger. Bei Weitem nicht durchgehend, aber doch oft genug geht es recht brutal zur Sache, und es spritzt ordentlich Blut, sodass der Film eine leichte Slasher-Richtung einschlägt. Das muss man nicht mögen, ist aber verdammt gut gemacht. Die handgemachten Effekte sehen echt und Furcht einflößend aus. Und gerade im Finale, wenn es auf den zugefrorenen See geht, kommt es zu einem Kampf, der es in sich hat, sehr intensiv ist und zu den großen Höhepunkten eines rundum packenden Films zählt. Insofern ist BLACK PHONE 2 eine wirklich tolle Fortsetzung, welche das Niveau des Vorgängers zu halten weiß und darüber hinaus noch eigene, neue gelungene Akzente setzt. (Heiko Thiele)

Der Greifer ist zurück und lässt es krachen 

(c) Scott Derrickson-Foto (Shutterstock)

SCOTT DERRICKSON IM INTERVIEW ZU BLACK PHONE 2 + REVIEW!

Regie: Scott Derrickson / USA 2025 / 114 Min.
Besetzung: Mason Thames, Madeleine McGraw, Ethan Hawke, Demian Bichir, Jeremy Davies, Arianna Rivas
Produktion: Jason Blum
Freigabe: FSK 16
Vertrieb: Universal Pictures
Start: 23.10.2025