Am 14. November 2019 ist es soweit – das SHIVERS FILM FESTIVAL lässt das beschauliche Konstanz zum fünften Mal in Genrefilmliebe erstrahlen.
Die DEADLINE ist in diesem Jahr erstmals Partner des SHIVERS, und so hatten wir das große Vergnügen, bereits im Vorfeld einen Blick auf einige der cineastischen Highlights werfen zu können. Einen ausführlichen Nachbericht werdet ihr in DEADLINE #79, die am 22.01.2020 erscheint, finden. Zuvor wollen wir für euch mit einem breiten Grinsen und/oder funkelnden Augen auf ein paar spezielle Leckerbissen im diesjährigen Programm zeigen. Denn dass ihr euch auf den Eröffnungsfilm, Taika Waititis JOJO RABBIT, freut – davon gehen wir einfach mal aus. Und auf den wirklich großen THE LIGHTHOUSE. Oder den schon auf anderen Festivals zum Publikumsliebling gewählten DOGS DON’T WEAR PANTS. Und, und, und. Checkt das feine, handverlesene Programm, dann versteht ihr genau, was wir meinen.
Und darum gibt’s nun an dieser Stelle einfach drei Tipps. Vollkommen unterschiedlicher Art. Vollkommen unterschiedlich in Wirkung und Nachhall.
Den Anfang macht ein Film aus dem Klassiker-Bereich:
FEHÉRLÓFIA, ein ungarischer Animationsfilm aus dem Jahr 1981, der in der frisch restaurierten 4K-Fassung vom SHIVERS auf genau den Programmplatz gesetzt wurde, wo er hingehört – den Sonntagnachmittag. FEHÉRLÓFIA ist Märchen, Sage, Erzählung. Wunderbare anderthalb Stunden, in die man sich von der ersten Minuten an hineinfallen lassen kann. Basierend auf der Prosadichtung László Aranys‘, breitet Regisseur Marcell Jankovics die archaisch anmutende Geschichte als energetischen Rausch vor den Zuschauern aus: Die weiße Stute gebiert ihren dritten Sohn, Fanyüvő, den Baumausreißer. Zwei mal sieben Jahre lang säugt sie ihn, bis er bereit für die auf ihn zukommende Queste ist. Er soll die Unterwelt erforschen, die Prinzessinnen befreien, die Drachen besiegen, das Unheil, das einst über die Welt hereinbrach, bannen – und manchmal auch einfach nur Porridge kochen. Stärker als jeder andere Mann macht sich der „Treeshaker“ auf den Weg, findet in seinen Brüdern Steinzerbrösler und Eisenkneter Gefährten und muss – wie es sich gehört – so einige Abenteuer bestehen. FEHÉRLÓFIA gilt als Meilenstein der Animationskunst, gibt der mythologischen Geschichte einen optischen Unterbau, der sich auf der Leinwand in ganzer Wucht ausbreiten kann. Sinnlich, psychedelisch, ein Kaleidoskop der Farben und Formen, in dem Kraft und Zartheit sich vereinen, lösen, neu finden. Von sphärischen Klängen und im genau richtigen Maß verfremdeten Stimmen begleitet. Ein Genuss durch und durch.
FEHÉRLÓFIA hat nie den Weg in die deutschen Kinos gefunden.
Bis jetzt.
Sonntag, 17.11., 13:30 Uhr
Tipp Nr. 2. Es wird absurd. Volle Breitseite. Mit Schmackes. Mit Karacho. Und Stop-and-Go-Animation. Und Virtual Reality. Und bösen Russen. Und Batman, nee, halt, Batfro. Und humanoiden Insekten mit Lasergewehrarmen. Und Zehenlecken. Und Pizza Margherita. Und der Matrix, irgendwie. Und, natürlich, dem roten oder dem blauen Schokobonbon.
JESUS SHOWS YOU THE WAY TO THE HIGHWAY in einem Satz zusammenzufassen ist schwierig. Also lassen wir das einfach und sagen: Wenn ihr bereit seid, euch auf 82 Minuten Agenten-Sci-Fi-Low-Budget-High-Five-and-Love-Dadaismus einzulassen und Freude an wirklich, wirklich absonderlichen Geschichten und gleichzeitig trashig und innovativen Bildern habt – hier seid ihr richtig. Mit CRUMBS, seinem ersten Langfilm, lieferte Regisseur Miguel Llansó ein beeindruckendes Stück Endzeitfilm ab. Mit dem per Crowdfunding umgesetzten JESUS SHOWS YOU THE WAY TO THE HIGHWAY geht Llansó komplett und mit Wonne im Absurden auf.
Und ja, Jesus kennt den Weg.
Montag, 18.11., 21:30 Uhr.
Der dritte Tipp. Zurück zum Ernst.
Des Lebens. Der Weitergabe und Aufgabe dessen. Dem Muttersein. Der Hilflosigkeit. Der Unfähigkeit zu fühlen und dem Klammern an jedem Strohhalm. Dem Kampf. Und dem Opfer: PELIKANBLUT …
Wiebke ist Pferdetrainerin. Ihr Hof befindet sich im Aufbau, und dass eine Reiterstaffel der Polizei das abseits gelegene Gut zur Ausbildung gewählt hat, gibt der Alleinerziehenden die dringend nötige finanzielle Sicherheit. Es läuft gut, und noch besser wird alles werden, wenn erst die zweite Adoptivtochter Teil der kleinen Familie ist. Doch Raya, die mit Zahnlücke und Goldlocken verzaubert, benimmt sich von Tag zu Tag seltsamer. Dinge geschehen. Dinge entgleiten. Und plötzlich ist das, was als Erziehungsdrama begann, nichts als blanker Horror … PELIKANBLUT ist nach TORE TANZT und der TATORT-Folge FÜNF MINUTEN HIMMEL der dritte Film von Katrin Gebbe und ein verdammt starkes Stück Kino. Glasklar erzählt selbst in den dunkelmagischen Momenten, einnehmend, brutal lähmend, bis hin zu einem Ende, das nicht alles zeigt – oder doch? Zu viel zu verraten täte dem Film nicht gut. PELIKANBLUT bleibt jedenfalls noch eine ganze Weile bei dir.
Mehr muss man nicht sagen.
Montag, 18.11., 18:30 Uhr.
Habt Spaß, wundert euch, genießt und leidet. Fühlt Kino. So muss es sein.
(Germaine Paulus)
14. bis 19. November 2019
Zebra Kino, Konstanz