Gewinner der „Òrbita“-Sektion in Sitges 2023 und Publikumsliebling bei den diesjährigen Fantasy Filmfest White Nights: Mit THE LAST STOP IN YUMA COUNTY hat der sympathische junge Regisseur Francis Galluppi ein Debütfeature hingelegt, das sowohl unter Genrefans als auch in der Filmwirtschaft reichlich Wellen geschlagen hat. Sein Titel weckt natürlich Assoziationen zu Delmer Daves’ Meisterstück 3:10 TO YUMA von 1957, ein Western ist das Werk allerdings nicht, wenngleich klassische Storymotive und die typische Bildstimmung zitiert werden. Vielmehr handelt es sich hier um einen One-Location-Thriller mit einem guten Maß an smartem schwarzen Humor, der nicht nur einmal an die Coen-Brüder oder ältere Werke Tarantinos erinnert.
Die maximal verdichtete Handlung spielt zu einer nicht genau definierten Zeit, die sich nach den 70ern anfühlt, und schildert das folgenreiche Aufeinandertreffen einer Reihe sehr unterschiedlicher Charaktere in einem heruntergekommenen Diner in der Wüste Arizonas. Darunter sind neben Wirtin Charlotte (Jocelin Donahue, DOCTOR SLEEP) etwa ein Handelsvertreter auf dem Weg zu seiner kleinen Tochter (Jim Cummings, HALLOWEEN KILLS) sowie ein älteres Ehepaar (Gene Jones, THE HATEFUL 8, und Robin Bartlett, THE FABELMANS), aber auch zwei Brüder (der ältere wird gespielt von Richard Brake, 3 FROM HELL), die gerade eine Bank ausgeraubt haben und dringend nach Mexiko wollen. Keiner von ihnen ist freiwillig dort: Sie alle warten auf den verspäteten Tanklaster, der die Vorräte der benachbarten Tankstelle wieder auffüllen soll – die nächste liegt 100 Meilen entfernt. Nach den Brüdern wird bereits gefahndet, ihre Nerven sind darum besonders angespannt. Als der Handelsvertreter sie erkennt, ist die Lunte gezündet: Die in bester Hitchcock-Manier Schritt für Schritt eskalierende Spannung wird sich in einem explosiven Finale entladen …
Galluppi inszeniert seine Figuren meisterhaft, verzichtet auf jede Unze überflüssigen Fetts und konzentriert sich darauf, ihre wechselnden Positionen in diesem Stelldichein mit scharfen Kontrasten erfahrbar zu machen, während sie unaufhaltsam auf ihr Unheil zusteuern. Unterstützt wird er dabei nicht nur von großartigen Darstellern (unter denen sich etwa auch Alex Essoe, Sierra McCormick und nicht zuletzt Horror-Königin Barbara Crampton befinden), sondern ebenso von einer beeindruckend geschmeidigen Kamera und dem von ihm selbst verantworteten Schnitt, der entscheidend dazu beiträgt, dass der Film keine Sekunde mit Unnötigem verschwendet: Das Pacing ist nahezu perfekt, THE LAST STOP IN YUMA COUNTY für ein Erstlingswerk geradezu unverschämt gut konstruiert und erzählt.
Galluppis Film strahlt derart viel Spielfreude, Energie und Talent aus, dass man sich nicht allzu weit aus dem Fenster lehnt, wenn man ihm eine große Zukunft prophezeit. Jedenfalls ist er zweifellos auf dem richtigen Weg: Wie Ende April bekannt wurde, hat Sam Raimi persönlich ihn als Autor und Regisseur für den siebten Film des EVIL DEAD-Franchises ausgewählt.
(Dominic Saxl)
„Grandios geschrieben und inszeniert – ein Highlight für Thriller-Fans“