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Regie: James DeMonaco / USA, FR 2014 / 100 Min.

Darsteller: Frank Grillo, Kiele Sanchez, Zach Gilford, Michael K. Williams, Amy Paffrath, Cortney Palm, Carmen Ejogo, Edwin Hodge, Justina Machado, Nicholas Gonzalez

Produktion: Michael Bay, Jason Blum, Andrew Form, Bradley Fuller, Sebastien Lemercier Freigabe: FSK 16

Verleih: Universal

Start: 31.07.2014

 
 

Vor allem im Horrorfilm wird einem modernen Trend gefrönt wie in kaum einer anderen Filmsparte. Sequels, Prequels, Remakes und Reboots bestimmen seit Anbeginn des neuen Jahrtausends das Genre und machen sich unter eingefleischten Fans nicht immer Freunde. Gerade im Bereich der Remakes werden vor allem die unbequemen Filme der Siebziger und Achtziger viel zu oft banalisiert und zu leicht verdaulicher Hollywood-B-Ware, die mit dem Terror des Originals nichts mehr gemein hat. Im Falle von James DeMonacos horrender Zukunftsvision THE PURGE – DIE SÄUBERUNG ebneten beeindruckende Zuschauerzahlen und ein beachtliches Box Office (bei Produktionskosten von gerade einmal drei Millionen Dollar spielte der Streifen in den USA satte 64.473.115 Dollar wieder ein) den Weg für einen zweiten Teil, der sich bei der abgeschlossenen Story nicht zwingend anbietet. Gleichwohl hat die Prämisse einer Nation, die einmal im Jahr sämtliche Verbrechen legalisiert, einen solchen Reiz, dass unterschiedliche Sichtweisen auf dieses Ereignis durchaus eine Fortsetzung rechtfertigen. James DeMonaco schlug bei der Konzeption von THE PURGE – ANARCHY genau den richtigen Weg ein. Ließ sich im Franchise-Auftakt, der sich ausschließlich auf die Begebenheiten innerhalb einer einzigen Familie konzentrierte, die sich in besagter Nacht im eigenen Haus verschanzt, nur erahnen, was in diesen zwölf verhängnisvollen Stunden auf den Straßen der USA vor sich geht, begibt sich der Filmemacher in seiner Fortsetzung vor die Tür und dementsprechend direkt ins Säuberungsgetümmel. THE PURGE – ANARCHY ist actionlastiger, gewaltiger und bösartiger – und lässt erahnen, dass die Grenzen des Franchises, das in den kommenden Jahren regelmäßig Fortsetzungen erhalten soll, noch lange nicht ausgeschöpft sind.
Sommer 2014: Wieder ist Säuberung. Heute ist jedes Verbrechen erlaubt – einschließlich Mord. Ein Paar sitzt aufgrund einer Autopanne auf offener Straße fest, und auch eine hilflose Frau und deren Tochter sind dem Chaos der Purge-Night völlig ausgeliefert. Ein mysteriöser Unbekannter könnte ihre allerletzte Hoffnung sein, die Nacht zu überleben. So schlägt sich die Gruppe durch die dunklen Straßen der Stadt. Immer mit dem Wissen, dass sie vor allem auf diejenigen treffen wird, die es sich nicht nehmen lassen wollen, in dieser ganz besonderen Nacht ihre dunkelsten Triebe auszuleben …

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Ganz gleich, wie zwiegespalten THE PURGE vor einem Jahr von den internationalen Kritikern aufgenommen wurde, in einem Punkt waren sich alle einig: Die Idee hinter dem Film war auf ihre ganz eigene Art und Weise genial. Welche Möglichkeiten hätten sich einem noch mutigeren Regisseur aufgetan, der aus der Alles-ist-erlaubt-Prämisse noch mehr herauszuholen gewusst hätte als einen verhältnismäßig konventionellen Home-Invasion-Thriller!? In seiner Fortsetzung nimmt sich James DeMonaco offenkundig einige der kritischen Stimmen zu Herzen und geht in seiner Inszenierung um einiges direkter vor. Sein Fokus liegt nicht mehr auf einer einzelnen Familie. Stattdessen hebt der Regisseur und Drehbuchautor die Schicksale mehrerer Charaktere hervor und führt diese zusammen. Während Justina Machado (THE CALL – LEG NICHT AUF!) und Zoë Soul (PRISONERS) glaubhaft ein Mutter-Tochter-Gespann mimen, dabei jedoch auch locker als Geschwister durchgehen könnten, überzeugt vor allem Frank Grillo (DISCONNECT) in der Rolle des undurchsichtigen, stillen Rächers. Als dritter Part spielen Amy Paffrath (demnächst in der US-Serie HOLLYWOOD FRIENDS zu sehen) und Zach Gilford (DEVIL’S DUE – TEUFELSBRUT) ein sich an der Schwelle zur Trennung befindendes Pärchen, dem man ebenjene Emotionen trotz schwacher Dialogauswahl abnimmt. Diese Einzelschicksale verbinden sich innerhalb der Gruppe zu einem einzigen. Das Ziel: Die Nacht überleben! Dabei wird der Zuschauer Zeuge, wie unterschiedlich die US-amerikanischen Bürger mit der Purge-Nacht umgehen. Es gibt perverse Privatpartys, auf den Straßen finden regelrechte Menschenjagden statt, und wer viel Geld hat, nutzt eigens für diesen Anlass konstruierte Gewehrbauten oder nimmt an geheimen Purge-Night-Shows teil. Die Kreativität, die sich für den Regisseur unter diesen Gegebenheiten anbietet, ist enorm, und seine Stärken finden sich in THE PURGE – ANARCHY vor allem dann, wenn die Ausmaße dieses zwölf Stunden andauernden Schlachtfests deutlich werden. Abstriche müssen dagegen die Charaktere machen. Anders als in Teil eins, in welchem jede Einstellung zur Purge-Nacht durch eine Figur vertreten war und es sich so zwangsläufig mit jemandem sympathisieren ließ, lässt ANARCHY klar erkennbare Züge innerhalb der Figurenzeichnung vermissen. Das beraubt den Streifen mancherorts der Spannung und macht ein Mitfiebern mit den Hauptakteuren nicht immer selbstverständlich. Das ist schade, da der Thriller im Vergleich zum Vorgänger wesentlich actionreicher daherkommt und sich Bleigewitter selten eignen, um den Figuren nahezukommen. So müssen sich die Akteure, die allesamt einen soliden Job machen, mit der recht schwachen Skriptvorlage zufriedengeben, haben jedoch kaum die Möglichkeit, mehr aus dieser herauszuholen. So wünscht man sich tatsächlich ab und an einen Ethan Hawke herbei, der in Teil eins so gekonnt den Zwiespalt zu verkörpern wusste, welchen das Säuberungsszenario unweigerlich provoziert.

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