Wer die Serienwelt der letzten Jahre verfolgt hat, dem wird HBOs THE WHITE LOTUS sicherlich ein Begriff sein. Die Serie, die hier bei WOW streambar ist, entführt den Zuschauer wahrlich in die Hölle im Paradies. Angekommen in einem hawaiianischen All-inclusive-Luxusresort, geht das Drama fix los. Auslöser: eine Zimmerverwechslung. Wer meint, das sei nur Schall und Rauch, eine Nichtigkeit, der kennt die versnobte amerikanische Upper Class nicht. Innerhalb einer Woche durchleben die Hotelgäste ein Kammerspiel, wie es kaum besser sein könnte, Emotionen à la feinster Daily Soap, wie sie im Buche steht. Die Serie bietet zudem eine absurd-komische Perspektive auf den Alltag der feinen Gäste und der Angestellten. Ach, und natürlich stirbt auch eine Figur, hier aber kein Spoiler dazu, jedenfalls ein netter Twist gen Ende.
Der Cast wurde wunderbar ausgewählt, besonders positiv sticht dabei Murray Bartlett als Manager des Resort-Hotels heraus. Generell merkt man aber sofort beim Einstieg, dass die Charaktere ihre Rollen wahrlich leben, Idylle ade. Familiendramen, Pärchenstress, betrunkene Damen gehobenen Alters. Auch Jennifer Coolidge liefert eine erstaunlich überraschende schauspielerische Leistung ab, kaum vorstellbar, wenn man sie nur aus der Highschool-Filmreihe der frühen 2000er AMERICAN PIE als „Stifler’s Mom“ kennt.
Die musikalische Untermalung ist absolut stimmig, gerade der Theme-Song und die OSTs sind überzeichnet real wie auch einzigartig komponiert und sorgen für ein Ambiente, das seinesgleichen sucht. Es vermittelt unterbewusst wilde und spannende Szenerien. Den Zuseher*innen wird eine Satire auf Reichtum, Privilegien oder auch soziale Grundkonstrukte geboten, verpackt in ein Paket aus tollen schauspielerischen Leistungen und Szenen, die im wahrsten Sinne als Definition von „cringe-worthy“ genossen werden dürfen.
THE WHITE LOTUS zeigt die stumpfe Toxizität von Gesellschaftskonstrukten, dass sich Verzweiflung bei den Ausgegrenzten in Resignation verwandelt, ja sogar, wie monumental die persönliche Reise eines jeden ist, egal wie klein sie der Außenwelt erscheinen mag.(Marcel Kober – citybloop)
Upper Class Dramedy at its best
Season 2
Mediterraner Luxus à la carte und das Flair von altehrwürdigen Grandhotels – was könnte somit als Setting besser passen als das sizilianische Taormina, wo man gleich selbst gerne mit einer prickelnden Weinschorle an der sonnigen Promenade sitzen will? Wie auch in der ersten Staffel zeigt THE WHITE LOTUS hier erneut, was „posh“ wirklich ist. In der ersten Szene folgen wir „strawberry blonde“ Daphne (Meghann Fahy). Als sie direkt in das azurblaue Meer eintaucht, wird die träumerische mediterrane Strandszene unverzüglich durch eine*n Tote*n zerstört. So beginnt die Dramedy und bietet dem Publikum ein erfrischendes wie auch geladenes Murder Mystery. Am Alltag und an den Dramen der Gäste merkt man auch in Italien, Geld spielt keine Rolle, Hauptsache, der Aufenthalt ist makellos perfekt. Unsere Charaktere leben jeder ihre mal mehr und mal weniger geladenen Handlungsstränge. In Albies (Adam DiMarco) Rausch der Verliebtheit existiert nur noch dieser eine Mensch. Da ist es nicht unüblich, dass man bei einseitigen Gefühlen im Liebestrubel nicht merkt, dass man nur Mittel zum Zweck zu sein scheint und akribisch ausgenutzt wird. Und dann verliert man so mir nichts, dir nichts einfach 50.000 Euro an eine Edel-Escortdame. Standard, nicht wahr? Gen-Z-Teenager Portia (Haley Lu Richardson) lebt den nicht gerade geliebten Job als Assistentin, die nicht weiß wohin. Sucht sie Liebe? Sucht sie unbedeutende One-Night-Stands? In jedem Fall gerät sie zusammen mit ihrer Chefin Tanya (Jennifer Coolidge) in den düsteren Strudel einer Schwulen-Mafia aus Palermo, denn was anfangs wie Großzügigkeit scheint, ist in Wahrheit etwas so viel Düstereres. Dies aber nur ein kleiner Anschnitt der lieblich-verstörenden Plots.
Zu Recht erhielt THE WHITE LOTUS bei den Golden Globes 2023 den Award für die beste Miniserie, und auch Jennifer Coolidge hat sich den Preis als beste Nebendarstellerin redlich verdient, sie liefert hier eine Paraderolle als abgehobene Milliardärin ab.
Die Songs wurden in dieser Staffel an die europäische, etwas legerere Atmosphäre angepasst. Auch der Unterton verlagert sich von eher angespannter Beklemmung zu Begierde, egal ob nach Geld, Liebe oder Sex. Erneut fasziniert das Drama in der Harmonie. (Marcel Kober – citybloop)
Grenzenlos posh, gnadenlos dramatisch