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THUNDERBOLTS

THUNDERBOLTS

Regie: Jake Schreier / USA 2025 / 126 Min.

Besetzung: Florence Pugh, Lewis Pullman, Hannah John-Kamen, Sebastian Stan, David Harbor, Wyatt Russell, Julia Louis-Dreyfus

Freigabe: FSK 12

Verleih: Disney

Start: 01.05.2025

Yelena Belova (Florence Pugh) in Marvel Studios‘ THUNDERBOLTS*. Photo courtesy of Marvel Studios. © 2024 MARVEL.

Wenn Filme Tiefe vorgaukeln, wird es schnell peinlich. THUNDERBOLTS ist in der Hinsicht ein Meisterwerk der Fremdscham, das auf unzähligen Ebenen versagt. Aber nicht auf allen.

(L-R) Bucky Barnes (Sebastian Stan), Ghost (Hannah John-Kamen), Yelena Belova (Florence Pugh), John Walker (Wyatt Russell), and Red Guardian/Alexei Shostakov (David Harbour) in Marvel Studios‘ THUNDERBOLTS*. Photo courtesy of Marvel Studios. © 2024 MARVEL.

Irgendwo mitten in der amerikanischen Wüste findet sich eine Forschungseinrichtung, tief verbuddelt in einem Berg. Die Thunderbolts, da noch kein Team, werden mit dem Auftrag in den Komplex gelockt, einander umzubringen. Doch gerade als sie erkennen, dass das ja kaum sein kann, drohen sie von gigantischen Heizstrahlern verbrannt zu werden. Ihre Flucht aus dem riesigen Ofen ist ihr erstes gemeinsames Projekt, der erste Schritt auf dem Weg, der sie zum Team werden lässt. Und schon nicht besonders spannend inszeniert.

Yelena Belova (Florence Pugh) in Marvel Studios‘ THUNDERBOLTS*. Photo courtesy of Marvel Studios. © 2024 MARVEL.

Das Versprechen von THUNDERBOLTS ist ein Ensemblefilm. Marvel versprach die Anti-Avengers. Antihelden, wie wir sie im Suicide Squad von DC fanden. Man durfte hoffen, dass Marvel sich hier so viel traut wie die Konkurrenz, so viel Abkehr von Genrekonventionen, so viel Abseitigkeit und kruden Humor. Diese Hoffnung stirbt aber nicht zuletzt, sondern bereits sehr früh, spätestens nach besagter Sequenz in der Wüste weiß man, dass man hier wenig erwarten darf. Und nicht einmal das Versprechen auf ein Ensemble löst der Film ein.

(L-R): John Walker (Wyatt Russell), Bucky Barnes (Sebastian Stan), Ghost (Hannah John-Kamen) and Alexei Shostakov/Red Guardian (David Harbour) in Marvel Studios‘ THUNDERBOLTS*. Photo courtesy of Marvel Studios. © 2025 MARVEL.

Die erste Hälfte von THUNDERBOLTS zeigt, wie Figuren zusammenfinden, die man aus vergangenen Werken bereits kennt. Florence Pugh spielt Yelena Belova, im Prinzip die neue Black Widow; David Harbor spielt ihre Vaterfigur, den Red Guardian; Sebastian Stan spielt Bucky Barnes; Wyatt Russell spielt John Walker, eine Art Anti-Captain-America; Lewis Pullmann einen deprimierten Schluffi, der die Charakterentwicklung von Florence Pughs Figur verkörpert, und Julia Louis-Dreyfus spielt das, was sie schon in VEEP fantastisch gemacht hat: eine gut gelaunte Politikerin, die für die eigene Karriere über Leichen geht.

Bucky Barnes (Sebastian Stan) in Marvel Studios‘ THUNDERBOLTS*. Photo courtesy of Marvel Studios. © 2024 MARVEL.

Was klingt wie die unterhaltsame Geschichte über ein Team aus Außenseitern, täuscht. Der Film erzählt nur die Geschichte von Yelena Belova aus. Die muss zur Anführerin werden, obwohl sie doch so viele Schuldgefühle und Selbsthass in sich trägt. Zum Glück bieten sich im Laufe des Films genug Gelegenheiten, in denen sie zeigen kann, wie sehr sie bereit ist, für andere einzustehen und dadurch die anderen hinter sich zu vereinen.

(L-R): Ghost (Hannah John-Kamen), Taskmaster (Olga Kurylenko), John Walker (Wyatt Russell), Bucky Barnes (Sebastian Stan), Alexei Shostakov/Red Guardian (David Harbour), and Yelena Belova (Florence Pugh) in Marvel Studios‘ THUNDERBOLTS*. Photo courtesy of Marvel Studios. © 2024 MARVEL.

Das Problem daran ist, dass den anderen Figuren eine ähnliche Entwicklung verwehrt bleibt. Zwar kriegen alle ein bisschen Motivation und auch Veränderung, aber das ist lange nicht so auserzählt wie bei der Protagonistin.

 

So klischeehaft, wie es klingt, stellt der Film das alles auch dar. Das große Thema, von dem die Macher hoffen, es subtil transportieren zu können, ist der Umgang mit Depressionen, und das ist so wahnsinnig platt und stumpf und dumm und vielleicht auch gefährlich dargestellt, dass man sich an den Kopf fassen will. Der Antagonist splittet im Laufe des Films seine Persönlichkeit in einen goldenen und einen schwarzen Supermenschen auf, die beide fies sind. Nur dass der eine Menschen in Schatten verwandelt und so die New Yorker Bevölkerung dezimiert und der andere, na ja, golden ist und unsere Superhelden verprügelt. Hier wird niemand lernen, was es bedeutet, eine psychische Erkrankung zu haben, niemand wird verstehen, wie man Menschen helfen kann oder Verständnis für ihr Leiden aufbringt.

Valentina Allegra de Fontaine (Julia Louis-Dreyfus) in Marvel Studios‘ THUNDERBOLTS*. Photo courtesy of Marvel Studios. Photo courtesy of Marvel Studios. © 2024 MARVEL.

Und wenn das wenigstens cool aussähe! Aber die Action bleibt uninspiriert und wahlweise zu klein oder zu beliebig. Nun kennen wir den Regisseur Jake Schreier auch nicht von großen Action-Bomben, sondern vor allem von der kleinen, aber wunderschönen und berührenden Serie BEEF. Aber wenn man in einen Marvel-Film geht, erwartet man schon, dass wenigstens die Zerstörungsdynamik beeindruckt. Und natürlich sehen wir auch hier die New Yorker Bausubstanz bröckeln und Körper, die von Schlägen und Tritten durch den Raum katapultiert werden. Aber das fühlt sich nicht so an, wie man es aus den großen Marvel-Filmen kennt. Captain America schlug wuchtiger zu, die Avengers haben mehr Schaden in New York verursacht, und Autos, die sich überschlagen, hatten wir nun wirklich schon zur Genüge.

 

Uninspiriert wirken auch die Bilder. Hier spielt alles wahlweise in langweiligen Räumen oder in langweiligen Landschaften, was beides wirkt, als habe man kein Budget für echte Sets gehabt. Oder Ideen, wie man diese so gestalten könnte, dass man sich das gern anschaut.

 

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Zum Glück haben wir Florence Pugh. Denn die ist fantastisch in diesem Film. Sie spielt so ziemlich alle Emotionen einmal durch und überzeugt bei jeder einzelnen. Man hofft, dass sie künftig eine größere Rolle im MCU spielen darf. Oder einfach in vielen anderen, besseren Filmen. Der Rest des Casts ist nicht schlecht. Zwar darf niemand so viel zeigen wie Pugh, aber das, was das Drehbuch ihnen lässt, machen die Schauspieler gut. Nur Lewis Pullman, der den dauernd deprimiert dreinblickenden Bob Reynolds spielt, nervt auf die Dauer. Diesen verhuscht bedröppelten Gesichtsausdruck nimmt man ihm nicht ab.

 

So bleibt von diesem Film am Ende nicht besonders viel. Nur Marvel-Fans dürfen sich freuen, weil hier einige Dinge auf den Weg gebracht werden, die dem MCU wieder ein bisschen Dynamik geben dürften. Allerdings denken wir Zuschauer das jetzt auch nicht zum ersten Mal, würden wir nun also enttäuscht, geschähe das ebenfalls nicht zum ersten Mal. Das letzte Mal ist noch gar nicht lange her, es war beim Film THUNDERBOLTS. (Robert Felix Hofmann)

 

 

Marvel bleibt leider Marvel, auch wenn es so tut, als wagte es mal etwas Neues

 

THUNDERBOLTS

THUNDERBOLTS

Regie: Jake Schreier / USA 2025 / 126 Min.

Besetzung: Florence Pugh, Lewis Pullman, Hannah John-Kamen, Sebastian Stan, David Harbor, Wyatt Russell, Julia Louis-Dreyfus

Freigabe: FSK 12

Verleih: Disney

Start: 01.05.2025