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DEADLINE PRÄSENTIERT: MIDNIGHT MOVIES bei den BRITISH SHORTS

Und da ist sie wieder: die sanft und auf schön-böse Weise brummende Gewissheit, dass es irgendwann in der dritten Januarwoche britisch und kurz wird in Berlin.

Am Donnerstag, dem 18. Januar starten die BRITISH SHORTS und bespielen die Hauptstadt sieben Tage lang mit dem, was es an Kurzfilmen Neues von jenseits des Ärmelkanals gibt. Über 150 Filme sind am Start, die Genres wie immer breit vertreten. Dokumentation, Thrill, Comedy, Drama, Animation, Experimentelles – und eben auch den guten, alten Horror, den wir als DEADLINE nun schon gewissermaßen traditionell präsentieren.

Bevor es aber in der Nacht von Samstag auf Sonntag soweit ist, gibt es wie immer noch mehr zu entdecken. Zum Beispiel KILLING BORIS JOHNSON, der in Cannes Premiere hatte. Oder den preisgekrönten THE ARCHIVE: QUEER NIGERIANS. Und nicht zu vergessen den wundervoll inszenierten, experimentellen THE DONG WITH THE LUMINOUS NOSE, in dem die nicht weniger wundervolle Tilda Swinton nicht nur als Narrator auftritt. Und wer bei letzterem an den Freak Beat Hit der Fleur de Lys von 1968 erinnert wird, ist musikalisch zwei bis drei Jahrzehnte zu früh dran für die diesjährige Retrospektive der BRITISH SHORTS, die sich unter dem Titel WEEKENDER – MEMORIES OF ACID HOUSE & 90S RAVE SCENES eben dieser wilden Zeit widmet. Drumherum gibt’s wie immer ein breites Programm: Workshops, 48-Stunden-Filmprojekt, Musik, Talks, Ausstellung, selbstverständlich die Preisverleihung und einiges mehr.

Und fast genau in der Mitte des Festivals befindet sich wie immer … das Dunkle. Das Gemeine. Die Mitternachtssektion, die in diesem Jahrgang besonders fleischlich und körperbetont daherkommt und auf die wir wie immer einen Blick vorab werfen konnten.

Also Vorhang zur Seite, Licht aus, Projektor an:

DEADLINE präsentiert die MIDNIGHT MOVIES.

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Und es beginnt … seltsam. SPOOR ist seltsam. Einer dieser Filme, die die Attribute weird und sick wunderbar verbinden, ohne Splatter zu sein. Ash, eine junge Frau, kümmert sich um ihre Großmutter, deren Demenz vielleicht zu ihrer Ungenießbarkeit beiträgt, vielleicht auch nur eine weitere Schwierigkeit im Zusammenleben ist. Der schikanierten Enkelin wächst derweil ein Geschwür an der Schulter, und das in rasender Geschwindigkeit. Eskalation ist vorprogrammiert – doch diese zeigt sich ganz anders als erwartet. SPOOR schlägt den Haken hin zum Bodyhorror und erinnert in dezenter Weise durch ein bestimmtes Element an VIDEODROME, nur umgekehrt. Ein Appell für Emanzipation, und das alles unter den Augen der Göttin Kali.

STOP DEAD tritt dann aufs Gas. Das heißt, erstmal nicht, denn der Streifenwagen hat mitten im Wald eine Panne. Und weil wir uns im Horrorblock befinden, sollte klar sein, dass das … nicht gut ist. Ist es auch nicht, denn eine sichtbar angeschlagene Frau taucht auf. Und etwas, das ihr folgt – und dem Gasgeben eine andere Bedeutung gibt.

Wieder in einem Fahrzeug, einem Bus diesmal. Ein Ausflug wie es auf den ersten Blick scheint, der auf den zweiten Blick nicht ganz so wirkt, wie man es gewohnt ist. Statt Schuluniform tragen die jungen Menschen rosa Joggingware und singen munter vom „bloody idiot“. Mittendrin sitzt Kiddo. Und Kiddo ist definitiv zu alt … KIDDO greift ein Konsumthema auf, das schon oft in Kurzfilm behandelt wurde und gibt ihm doch eine frische Note. Die dann im Halse stecken bleibt. Wie es sein sollte.

CHEF GUSTAV lockert dann ein wenig auf. Knete kann das einfach! Gore-Knete erst recht, und so folgen vergnügt blutige drei Minuten, in der ein Koch einfach nur kochen will und die Katze halt was dagegen hat. Bad Kitty. We like!

Lustig eingestimmt gestimmt geht’s weiter mit THE MICROSCOPE, in dem der Wissenschaftler selbiges vorbereitet, das antike Objektträger-Kästchen vor sich öffnet und … etwas Unerwartetes entdeckt. Makroaufnahmen, Blut, winzige Schrecken und ein irrationales Ende, das passend überleitet zu:

DEAD SKIN. Coming-of-Age. Ein Mädchen, das nicht dazugehört. Hautausschlag. Mehr muss man nicht sagen. Regisseurin O’Rourke packt eine Metapher auf einen Teenagerkörper. Um sich gut zu fühlen, gehört Loslassen eben manchmal dazu.

Ein ähnliches Thema verfolgt VIRTUOSO, der eleganteste Beitrag der Mitternachtsfilme. Josephine lebt für das Klavierspiel, ist gut, sehr gut sogar. Aber doch ist dort der Druck ihres Mentors, der ein besonderes Vorspielen arrangiert hat … Wieder ist es Freiheit, um die es geht. Das sich Lösen von dem, was dich hemmt. Und die Fingernägel dieser Freiheit sind rot. Ein starker Film.

 

Knorrig folgt THE WYRM OF BWLCH PEN BARRAS. Eine Aufgabe, eine Last, verteilt auf die Schultern dreier Männer, die ein Opfer bringen müssen. Der nordwalische Beitrag schafft mit Wenig eine effektvolle Stimmung, die mit mehr Budget vielleicht sogar verdorben worden wäre. So bleibt dieser Drache ein Schemen im Kopf des Betrachtenden, mystisch wie das Land und der Gebirgspass.

Dass es noch weitaus mystischer geht, zeigt dann HIGH TIDE. Rauschhaft werden Jetzt und Damals, Realität und Geistesebene vermengt. Relikte aus der Zeit der Nordmänner und deren Gräueltaten sollten eben einfach besser ruhen – und nicht auf der Rückbank eines Campers von dem Ort weggeschafft werden, an dem sie sich nicht ohne Grund befanden …

Und zack, reißt Lee Hardcastle die VIKINGS-Stimmung ein und knallt dir Hardcore-Knete-Animation an den Kopf. Hardcastles Clips gehören zu den MIDNIGHT MOVIES wie Essig auf Chips, und so schließt sich auch diesmal der Kreis mit Musik. Rap, um genau zu sein, und einem Setting frei jeglichen Humors. Nicht weniger als das Ende einer Welt, in der es nichts Rettenswertes gibt, inszenierte Hardcastle für den Song „Millennium Earl Too Again“ des Rappers TeeF. Und „Hardcore“ ist in diesem Fall Programm, Körpersekrete und -flüssigkeiten aller Art eingeschlossen. Explizit, brutal und für Hardcastles Verhältnisse ungewohnt bitter endet diese verlängerte Geisterstunde.

Und mit ihr die MIDNIGHT MOVIES Sektion.

Bis zum nächsten Mal, also.

Und jetzt ein kühles Pint.

(Germaine Paulus)

 

 

Mehr Infos zum Festival und Ticketing findet ihr unter

www.britishshorts.de

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