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IST FINAL FANTASY VII REBIRTH DAS BESTE FINAL FANTASY ALLER ZEITEN?

Von Steffen Haubner

 

Ist das das beste Final Fantasy aller Zeiten? Schon diese Frage hat das Zeug, in FF-Fankreisen größere Verwerfungen auszulösen. Bei einer Serie, die sich seit Jahrzehnten immer wieder völlig neu erfindet, hat schließlich jeder eine besondere Verbindung zu einem bestimmten Teil, die auch viel mit persönlichen Erinnerungen zu tun hat – und wird seinen Favoriten natürlich vehement verteidigen. Da allerdings schon nicht wenige die „Ur-Version“ aus dem Jahr 1997 für einen Meilenstein halten und auch das 2020 erschienene Final Fantasy VII Remake großen Anklang fand, lehnt man sich mit dieser Frage auch nicht allzu weit aus dem Fenster. Die Story von Final Fantasy VII Rebirth knüpft direkt an das Ende von REMAKE an. Wer damit nicht vertraut ist, kann sich eine Zusammenfassung anschauen, aber auch so wird man mittels diverser Dialogoptionen auf aktuellen Stand gebracht. Um auch wirklich jeden abzuholen, bedienen sich die Rebirth-Macher eines narrativen Kniffs: In Rückblenden erfahren wir aus dem Mund von Hauptprotagonist Cloud Strife, durch welche Ereignisse sich Sephiroth vom treuen Mitstreiter zum skrupellosen Oberfiesling gewandelt hat. Seine Mitstreiter schalten sich dabei immer wieder ein, um zu kommentieren oder Clouds Darstellung zu hinterfragen.

Eine so ambitionierte Erzählstruktur ist immer noch eine Seltenheit bei Computerspielen und macht schon deutlich, dass die Macher mit Rebirth Großes vorhaben. Es macht einen nicht unerheblichen Teils des Reizes aus, dass das jugendliche Großmaul Cloud immer wieder Unsicherheiten durchblicken lässt und genau wie wir mit staunenden Augen auf das schaut, was sich da vor unseren Augen abspielt und welch verspielte Abzweigungen und dramatische Wendungen die Handlung nimmt. Großes Videospielkino entwickelt FF VII Rebirth durch das Nebeneinander von ernsthaften Themen wie Krieg, Umweltzerstörung, der Vorherrschaft übermächtiger Konzerne, persönlichem Verlust und Lebenskrisen auf der einen und purer Lust an Albernheiten wie Polygon-Faustkämpfen, Vierbeinern in Uniform oder sich selbst vervielfältigenden Hotelbesitzern auf der anderen Seite. Einer ganzen Armada launiger bis rasanter Minispiele steht ein ausgefeiltes Kampfsystem gegenüber, das einen zunächst latent überfordert, im Laufe der Spielstunden aber seine taktische Raffinesse enthüllt und sehr individuelle Spielstile ermöglicht.

Neue Elemente wie die von zwei Charakteren gleichzeitig ausgeführten „Synchro-Attacken“ verbinden sich geschmeidig mit Stärken des Vorgängers wie Limit-Attacken oder dem Beschwören mächtiger Esper. Unfassbar, wie dynamisch das alles ineinandergreift und welch visuell eindrucksvolle Effektgewitter die Exklusivplattform PS5 auf den Bildschirm wuchtet. Die Balance, die das „Active Time Battle“-System zwischen Rasanz und der Möglichkeit zu überlegtem taktischen Vorgehen findet, fühlt sich nahezu perfekt an. Denn die mitunter zur Unübersichtlichkeit neigenden Scharmützel können jederzeit per x-Taste pausiert, Angriffe der Gegner mit den richtigen Maßnahmen vom Blocken über Einsatz von Fertigkeiten und Magie bis hin zur Zuhilfenahme von Gegenständen und Hilfsmitteln aller Art beantwortet werden. Für alle, die sich zu mehr berufen fühlen, bietet der Schwierigkeitsgrad „Dynamisch“, in dem die Gegner auf die Heldengruppe skalieren, noch mehr Herausforderung. Diese ist jedoch allein schon durch die Bandbreite an immer wieder neuen Gegnern, Bossen und Zwischenbossen gegeben, die einen immer wieder in spektakuläre Kämpfe verwickeln und visuell völlig überwältigt und mit schweißnassen Handflächen zurücklassen.

Dazwischen erkundet man das Grasland, die Junon-Region, das Corel-Gebirge, die Gongaga- und die Cosmo-Region, die ebenso wie das ganze Spiel ausgesprochen sehenswert sind und neben unzähligen Sammelobjekten jede Menge Überraschungen zu bieten haben. Wenn man etwas kritisieren wollte, dann das typische Open-World-Dilemma, dass einem die offene Spielstruktur ab einem gewissen Punkt doch etwas repetitiv erscheint. Doch dann kann man sich ja immer noch beim Chocobo-Rennen oder einer Partie „Blut der Königin“ vergnügen, einem Sammelkartenspiel, das dem längst ein Eigenleben führenden „Quent“ aus The Witcher 3 nicht nachsteht. Das alles lässt fast vergessen, dass es die durchweg interessanten Charaktere sind, die für eine tiefe Identifikation mit dem Geschehen auf dem Bildschirm sorgen. Auch diesbezüglich gehören Cloud & Co. zu den Highlights dieser an Highlights wahrlich nicht armen Serie. Es spricht also einiges dafür, Rebirth den Titel des besten Final Fantasy zu verleihen. Auf RPG-Fans kommt jetzt aber eine fast noch schwerere Entscheidung zu: Soll man sich jetzt zuerst in dieses wahnwitzige, von Ideen übersprudelnde, überwältigende Spektakel stürzen oder doch lieber in die faszinierend-komplexe Mittelalterwelt von Dragon’s Dogma 2 eintauchen? Oder doch lieber weiter mit Ichiban Kasuga in Like A Dragon – Infinite Wealth die Unterwelt von Hawaii aufmischen? Für Rollenspielfans scheint 2024 zu einem besonders feinen Jahrgang zu werden.

In jeder Hinsicht überwältigend

System: PS5, Entwickler/Hersteller: Square Enix, Multiplayer: Nein

Vergleichbare Spiele: Final Fantasy XVI, NieR:Automata, Tales of Arise

 

 

 

 

 

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