THE WATCH: Die Stadtwache von Ankh-Morpork hat schon bessere Zeiten gesehen. Angeführt vom trunksüchtigen Captain Vimes (Richard Dormer, GAME OF THRONES) jagen die Mitglieder, wenn sie überhaupt arbeiten, verschwundenen Hunden hinterher oder werden gerufen, wenn wieder einmal eine Hexe sarkastisch war. Die Verbrechen, die in den Straßen, Clubs und dunklen Ecken der Megastadt allgegenwärtig sind, werden hingegen ignoriert. Denn vor 20 Jahren, als die Verbrechergangs überhandnahmen, hat Lord Vetinari (Anna Chancellor), die Patrizierin der Stadt, die alten Gilden reaktiviert und ihren Oberhäuptern viele Freiheiten gegeben. Diesen Gilden, der Gilde der Diebe und der Gilde der Attentäter zum Beispiel, wurden Zertifikate für ihre Verbrechen gegeben, die damit legalisiert wurden. Solange Zertifikate da sind, dürfen sie stehlen und gegen Geld Mordaufträge annehmen. Als jedoch Carrot Ironfoundersson (Adam Hugill) seinen Dienst in der Stadtwache antritt, ändert sich das. Carrot, der bei den Zwergen aufwuchs und erst später – er ist zwei Meter groß – erfuhr, dass er adoptiert wurde, will das Verbrechen bekämpfen, weil er naiver Weise glaubt, dass dies zu den Aufgaben der Wache von Ankh-Morpork gehört. Er bekommt allerdings rasch Ärger mit den Gildeoberhäuptern und seinen Kollegen in der Wache, zu denen neben Vimes die Werwölfin Angua von Uberwald (Marama Corlett), die queere Pathologin Cheery (Joni Ayton-Kent) und der Troll Detritus (Ralph Ineson) gehören.
Die desillusionierteste Polizeitruppe der Welt ist keine Spezial-, sondern viel mehr eine Spezielleinheit. Jeder hat Macken, Geheimnisse vor den anderen, eine unbewältigte Vergangenheit, die er mit sich herumträgt. Und diesen vergangenen Geschichten wird im Laufe der acht Folgen Platz eingeräumt, im Fall von Vimes ist das Vergangene sogar handlungsbestimmend. Vimes musste sich vor 20 Jahren, damals, als Vetinari und die Stadtwache den Gangs fast machtlos zusahen, entscheiden, auf welcher Seite des Gesetzes er stehen wollte. Nachdem sein ehemaliger Kumpel Carcer Dun (Samuel Adewunmi) beim Versuch, Vimes zu töten, den Captain der Wache erschoss und kurz darauf von der Unsichtbaren Universität scheinbar in den Tod stürzte, hat er sich für das Recht entschieden. 20 Jahre und 9.321 Flaschen Whisky später (wie ein Insert verrät) ist davon allerdings nicht mehr viel übrig. Als er jedoch den toten Carcer wiederzusehen glaubt und ein Buch, mit dem man einen mächtigen Drachen heraufbeschwören kann, aus der Universität gestohlen wird, beginnt eine Ermittlung, die bald zur Jagd auf Carcer Dun und mehrere magische Artefakte, die man benötigt, um den Drachen zu kontrollieren, wird. Unterstützt wird die Wache dabei von Lady Sybill Ramkin (Lara Rossi), der die Verbrechen in der Stadt und das ungezügelte Töten der Attentätergilde ein Dorn im Auge sind.
THE WATCH folgt keinem bestimmten Terry-Pratchett-Roman. Motive und Figuren aus verschiedenen seiner Werke rund um den Stadt-Staat Ankh-Morpork werden verknüpft, eigentlich durch den Fleischwolf gedreht. Es ist kein feinsinniger Akt, keine vorsichtige Annäherung an das umfangreiche Werk Pratchetts. Es geht mitten hinein in das Figuren-, Motive- und Handlungsarsenal der Scheibenwelt-Romane. Am ehesten folgt die Geschichte dem Verlauf des ersten Stadtwache-Romans WACHEN! WACHEN! (GUARDS! GUARDS! von 1989). Vimes ist dort der versoffene Captain, der er in THE WATCH ist, seine Mitstreiter sind ein orientierungsloser Haufen. Dies ändert sich erst, als der naive, aber enthusiastische Carrot Ironfoundersson seinen Dienst in der Stadtwache beginnt. Auch hier ist es Carrot (der nicht wegen seiner leuchtend-orangen Haar so heißt, wie er betont, sondern aufgrund seines muskulösen, sich nach unten verjüngenden Oberkörpers), der in die Stadt kommt und mit seiner Rechtsauffassung Schwung in die Truppe bringt.
Das Ankh-Morpork der Serie ist ein überkandidelter Ort, gleichzeitig düster und knallbunt, bevölkert von allen möglichen und unmöglichen seltsamen Gestalten, Trollen, Zauberern, Vampiren, Werwölfen und sogar Menschen. Ein Ort, an dem so ziemlich alles passieren kann. Man darf sich auf nichts und niemanden verlassen, denn selbst der beste Freund könnte plötzlich durch einen Zauber fremdgesteuert werden oder durch sein Ebenbild aus einer anderen Dimension ersetzt worden sein. Und es kann auch ein erbitterter Kampf auf Leben und Tod durch einen Zauber plötzlich zu einer Tanznummer (zu Whams! „Wake me up before you go-go“) werden. Die Stadtwache ist ein bisschen wie die Truppe aus dem ersten POLICE ACADEMY-Film. Aus den seltsamsten Polizisten der Welt wird, all ihren Unfähigkeiten zum Trotz (die meisten kennen nicht einmal Fingerabdrücke), doch noch eine funktionierende Einheit. Und in Wirklichkeit zeigt sich, dass dieser diverse Haufen – von den geschlechtlichen Identitäten bis zur Unentschiedenheit, welches Wesen man eigentlich sein möchte – das eigentlich Gute in einer Welt, die vor langer Zeit in Richtung böse abgebogen ist, darstellt.
Genug ist nicht genug. Das ist das Prinzip der Serie. So agieren auch die Schauspieler, vor allem Richard Dormer spielt so übertrieben, dass man zwischendurch am liebsten beschämt seinen Blick abwenden würde. Mit wenig gibt man sich auch inhaltlich nicht zufrieden. Man kann dabei beim reichen Werk von Terry Pratchett aus dem Vollen schöpfen. Die Handlung, die Suche nach den Artefakten, ist vor allem ein roter Faden, kein erzählerischer Kraftakt. Die Geschichte wird von all den Figuren (zum Beispiel einem unsicheren, genervten Tod auf der Suche nach jemanden, der ihm zuhört) und verrückten Ideen ständig torpediert. Es dauert auch deshalb lange, bis die Serie in Gang kommt. Sie ist also von einem Meisterwerk weit entfernt und auch nicht die besten Terry-Pratchett-Verfilmung. Aber THE WATCH macht trotzdem Spaß. (Christian Zechner)
Die Polizei, dein Freund und Helfer, im Kampf gegen Drachen, Zauberer und sich selbst